Derhōm und dōhaus – Worte, die das Spannungsfeld der beiden Welten umschreiben, in das Rosemarie Bovier hineingeboren wird und in dem sie nach 75 Jahren immer noch lebt. Derhōm (daheim) ist die Welt der erinnerten Heimat ihrer Eltern und aller Flüchtlinge aus Brestowatz/Bački Brestovac in der Batschka im heutigen Serbien. Dōhaus ist die Welt, in der diese Flüchtlinge seit dem Kriegsende in Deutschland unfreiwillig leben müssen. In einer Barackensiedlung in der Nähe eines hessischen Dorfes wächst die Autorin mitten unter ihnen auf. Ihre Kindheit steht im Mittelpunkt des 2014 erschienenen Buchs Heimat ist das, wovon die anderen reden.
Einige Jahre später wird der Autorin bewusst, dass alles, was sie damals über Brestowatz gehört hatte, gefiltert war. Fotografien im Nachlass von Verwandten und ein Notizzettel ihres Vaters, den sie nach seinem Tod findet und der seine Aufenthaltsorte im Zeitraum von 1943 bis 1945 enthält, werden zu stummen Zeugen einer Phase, die totgeschwiegen werden sollte. Die Autorin will verstehen, wie die Mitglieder ihrer Familie und die Dorfbewohner als jugoslawische Staatsangehörige, die sie zum damaligen Zeitpunkt waren, in einer Entfernung von mehr als 1000 Kilometern von Nazi-Deutschland in dessen Sog geraten konnten. Die Ergebnisse ihrer Recherchen fasst sie in ihrem 2022 erschienenen zweiten Buch Geborgte Heimat. Das Schicksal einer donauschwäbischen Dorfgemeinschaft (1763–1989) zusammen.
Rosemarie Bovier, geb. 1947 in Obersuhl (Nordhessen) als Kind deutschstämmiger Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, studierte Germanistik und Geografie in Frankfurt am Main, unterrichtete an verschiedenen Gymnasien und arbeiete als Fachberaterin für Deutsch bei der Bezirksregierung in Braunschweig. Seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre beschäftigt sie sich intensiv mit der Herkunft ihrer Familie aus Brestowatz/Bački Brestovac. Für das erste Buch befragte sie rund 15 Jahre lang Zeitzeugen zur Brestowatzer Welt und recherchierte in alten Dokumenten, Archiven und einschlägiger Literatur. Weitere fünf Jahre war sie für das zweite Buch tätig. Sie lebt heute in Wolfenbüttel.
Eine Veranstaltung im Rahmen der erneuten Fortsetzung unserer 2020 gestarteten Lesereihe Unerhörte Familiengeschichten aus dem östlichen Europa, die das Deutsche Kulturforum östliches Europa von Januar bis März 2023 in Zusammenarbeit mit dem Literaturforum im Brecht-Haus Berlin ausrichtet.
Samstag, 28. Januar 2023, 17:00 Uhr
Goldener Boden
Lesung mit Ulrike Dotzer
Samstag, 25. März 2023, 17:00 Uhr
Bild mit Sprung
Lesung mit Kristiane Kondrat
Die Veranstaltung findet außerdem im Rahmen unseres Jahresthemas 2023: Die Donau – 3000 Kilometer Europa statt.
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Datum | Sa, 25.02.2023 |
Zeit | 17:00 Uhr |
Eintritt | 6,– Euro, ermäßigt 4,– Euro |
Barrierefrei | Nein |
Literaturforum im Brecht-Haus
Chausseestraße 125, 10115 Berlin, Deutschland
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