Die Schriftstellerin Ulrike Draesner und die Autorin Karolina Kuszyk mit ihrem Übersetzer Bernhard Hartmann wurden am Abend des 10. Oktober 2024 mit dem Georg Dehio-Buchpreis 2024 des Deutschen Kulturforums östliches Europa ausgezeichnet. Die feierliche Preisverleihung fand im Simón-Bolívar-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin statt. Kurzbericht und Impressionen
Fotos: Markus Nowak, Text: André Werner
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Georg Dehio-Buchpreisträger 2024: Bernhard Hartmann (2.v.l.), Karolina Kuszyk (Mitte) und Ulrike Draesner (2.v.r.). Links Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, rechts Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Begrüßung | Preisverleihung | Preisträger | Laudationes | Dankesworte | Musikalischer Rahmen

Logo: Georg Dehio-Buchpreis 2024

Der Georg Dehio-Buchpreis des Deutschen Kulturforums östliches Europa ging in diesem Jahr an die Schriftstellerin Ulrike Draesner (Hauptpreis für ihr literarisches Gesamtwerk) und die Autorin Karolina Kuszyk mit ihrem Übersetzer Bernhard Hartmann (Förderpreis für das Buch In den Häusern der anderen). In einem feierlichen Festakt am Abend des 10. Oktober 2024 im Simón-Bolívar-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin überreichte Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Preise.

Die Veranstaltung fand vor ca. 130 Gästen statt.

Begrüßung
Zur Begrüßung sprachen Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, und Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Fotos: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Zur Begrüßung sprachen Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, und Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
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Die Preisverleihung
Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien überreichte die Preise an Ulrike Draesner, Bernhard Hartmann und Karolina Kuszyk. Harald Roth, Direktor Deutschen Kulturforums östliches Europa, gratulierte als erster. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Von rechts: Maria Bering verlas die Begründungen und überreichte die Preise an Ulrike Draesner, Bernhard Hartmann und Karolina Kuszyk, Dr. Harald Roth gratulierte als erster.
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Die Preisträgerinnen und Preisträger

Der Hauptpreis für ihr literarisches Gesamtwerk ging an die Schriftstellerin Ulrike Draesner.

Ulrike Draesner (links) nahm den Georg Dehio-Buchpreis 2024 (Hauptpreis) für ihr literarisches Gesamtwerk entgegen, beglückwünscht von Maria Bering, Ministerialdirektorin und Leiterin der Gruppe »Geschichte, Erinnerung« bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien | Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Ulrike Draesner (links) nahm den Georg Dehio-Buchpreis 2024 (Hauptpreis) für ihr literarisches Gesamtwerk aus den Händen von Maria Bering entgegen.

In der Begründung der Jury heißt es u.a.:

»In ihrer Romantrilogie, begonnen 2014 mit Sieben Sprünge vom Rand der Welt, fortgesetzt im Roman Schwitters (2020) und beendet 2023 mit Die Verwandelten, ist es Ulrike Draesner gelungen, das historisch bedeutende und aktuelle Thema ›Flucht und Vertreibung‹ in einer vielstimmigen und differenzierten Weise zu gestalten, die in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur einzigartig ist«

Mit dem Förderpreis wurden die Autorin Karolina Kuszyk und ihr Übersetzer Bernhard Hartmann für das Buch In den Häusern der anderen ausgezeichnet.

Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann bei der Übergabe der Preisurkunden durch Maria Bering. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann bei der Übergabe der Preisurkunden für den Förderpreis durch Maria Bering.

Die Jury begründete ihre Entscheidung u.a. so:

»Klug und sensibel und bisweilen mit ironischer Leichtigkeit geht die Autorin in ihrem Werk den ›Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen‹ nach. […] Das Buch bietet einen differenzierten Zugang zur Geschichte der West- und Nordwestgebiete des heutigen Polen, die früher zum Deutschen Reich gehört hatten und deren Bevölkerung von mehrfacher Migration betroffen waren. […] Die glänzende deutsche Übersetzung von Bernhard Hartmann verhilft dem wichtigen Buch nun auch im deutschen Sprachraum zu einer weiten Verbreitung.«

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Die Laudationes

Die Laudatio auf Ulrike Draesner hielt die Germanistin Monika Wolting von der Universität Breslau/Wrocław.

Die Laudatio auf Ulrike Draesner hielt die Germanistin Monika Wolting von der Universität Breslau/Wrocław. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Monika Wolting bei ihrer Laudatio auf Ulrike Draesner im vollbesetzten Simón-Bolívar-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin.

In ihrer Laudatio schildert sie Draesner als eine genaue Beobachterin, die die Mechanismen des Verdrängens, Vergessens und Erinnerns nicht nur erforsche, sondern ihnen auch eine literarische Gestalt gebe:

»Sie eröffnet uns Welten, in denen persönliche und kollektive Geschichten aufeinandertreffen und uns auffordern, genauer hinzusehen – auf uns selbst, auf unsere Vergangenheit und auf unsere Gesellschaft. Mit ihrem literarischen Schaffen setzt sie ein starkes Zeichen für das Engagement in der Kunst und für die Kunst des Engagements.«

 Monika Wolting | Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak»Die Vergangenheit ist das, was wir selbst daraus machen«
Die gesamte Laudatio von Monika Wolting auf Ulrike Draesner hier

Laudator für Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann war der Berliner Autor und Historiker Andreas Kossert.

Laudatorin für Karolina Kuszyk und Bernd Hartmann war der Berliner Autor und Historiker Andreas Kossert. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Der Autor und Historiker Andreas Kossert würdigte die Leistung von Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann.

Mit In den Häusern der anderen, so Kossert, sei Kuszyk sowohl ein schönes und kluges und zugleich ein mutiges Buch gelungen, und die sei das schönste Geschenk, dass sie uns habe machen können:

»Dabei nutzt sie das gesamte Spektrum ihrer erzählerischen Talente. Überall blitzt ihr Witz auf, ihre feine Beobachtungsgabe für die kleinen Details und natürlich ihre bittersüße Ironie. Und das Buch liest sich erfrischend leicht. Das liegt vor allem daran, weil Karolina Kuszyk souverän zu erzählen versteht, befreit vom schweren Ballast der Vergangenheit, von Ideologie und nationalistischen Denkmustern.«

Der Übersetzer Bernhard Hartmann wiederum mache durch seine Arbeit etwas möglich, was wichtiger denn je sei, auch mit diesem Buch: uns Deutschen Polen näher zu bringen:

»Das ist ein Verdienst, das leider viel zu oft verkannt wird. Bernhard Hartmann verleiht Karolina Kuszyks wichtigem Anliegen eine Sprache, die lange nachklingt und uns am Ende erreicht und berührt.«

 Monika Wolting | Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak»Tiefenbohrungen in die mentale Verfasstheit einer durch Krieg und Nachkrieg versehrten Gesellschaft«
Die gesamte Laudatio von Andreas Kossert auf Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann hier

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Dankesworte
Ulrike Draesner bei ihrer Dankesrede. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus NowakUlrike Draesner bei ihrer Dankesrede

Ulrike Draesner sprach in ihrer Dankesrede von ihren Großeltern aus Schlesien, von ihren Reisen nach Polen und von der Begegnung mit Tomasz Różycki in Paris:

»Tomasz hatte mich noch auf eine andere Weise berührt. Seine Gefühle als Kind, nicht wirklich dorthin zu gehören, wo er aufwuchs; das falsche Kind zu sein, entstanden nur als späte Folge einer Zwangsmigration, keine Heimat zu haben oder eben nur eine für den einen Fuß – und mit dem anderen Fuß in der Luft zu rudern – , diese Gefühle kannte ich. Als die meinen. Gussform und gegossene Form, Druck und Abdruck sind zwei Seiten eines Gesichts. Ich wusste, was es heißt, nicht dazuzugehören.«
Zu den Dankesworten von Ulrike Draesner

Karolina Kuszyk und Bernhard Hartmann während ihrer Dankesreden. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa 2024 • Markus NowakKarolina Kuszyk und Bernhard Hartmann während ihrer Dankesreden

Karolina Kuszyk empfand Identität lange als

»etwas Verdächtiges, obsolet Folkloristisches, wie eine Volkstracht, die man zu offiziellen Anlässen anzieht, um sie danach erleichtert wieder in den Schrank zu hängen und zum Chaos des echten, alltäglichen Lebens zurück zu kehren. Jegliche Versuche, eigene Identität zu definieren, führten, so schien es mir, direkt in ein Erstarren in einem festgelegten Selbstbild, und zum Ausschließen der Anderen. Beim Schreiben hat es sich herausgestellt, dass die Fragen nach der Identität nicht zwingend zur Exklusion führen müssen. Im Gegenteil. Denn die Anderen sind längst ein Teil unseres Selbst. Insbesondere, wenn wir in ihren alten Häusern leben.
Zu den Dankesworten von Karolina Kuszyk

Für Bernhard Hartmann war ein besondere Freude, das Buch von Karolina Kuszyk zu übersetzen:

»Oft sind aber gerade die Texte, die etwas erklären, keine literarischen, sondern wissenschaftliche und als solche oft wenig leser- und übersetzerfreundlich geschrieben. Die »Häuser der anderen« waren deshalb für mich als ›Tłumacz‹* ein Glücksfall: Ein Buch, das auf zugängliche und im besten Sinne unterhaltsame Weise viel Wichtiges erklärt und verständlich macht.«
* polnisch für ›Übersetzer‹, aber auch ›Erklärer‹
Zu den Dankesworten von Bernhard Hartmann

Zu den Dankesworten aller Preisträgerinnen und Preisträger

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Musikalischer Rahmen
Für einen abwechslungsreichen musikalischen Rahmen zeichnete der Violinist Mikołaj Zgółka aus Posen/Pozań. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

Der Violinist Mikołaj Zgółka aus Posen/Pozań spielte Stücke von Georg Philipp Telemann und Nicola Matteis d. J. und sorgte damit für einen abwechslungsreichen musikalischen Rahmen.
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Im Anschluss an die Preisverleihung lud das Deutsche Kulturforum die Preisträger, Laudatoren und alle Gäste zu einem kleinen Empfang in das Foyer des Simón-Bolívar-Saal ein.

Empfang im Anschluss an die Verleihung des Georg Dehio-Buchpreises 2024 im Foyer des Simón-Bolívar-Saal ein. Foto: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak

 

Weitere Informationen zum Georg Dehio-Buchpreis 2024

Alle Fotos auf dieser Seite: © Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2024 • Markus Nowak