Das Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften – ZFH lädt in Kooperation mit dem Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien in Halle und dem Deutschen Kulturforum für östliches Europa in Potsdam zum Klaus-Zernack-Colloquium 2021 ein.
Im Mittelpunkt des Interesses des neuen Colloquiums stehen historische Auseinandersetzungen um Teilhabe am politischen und sozialen Leben in Mittel- und Osteuropa. Die sich im Laufe der Zeit verändernden rechtlichen und kulturellen Kontexte von Ausgrenzungsmechanismen, Inklusionspolitiken und Kämpfen um Anerkennung wollen wir anhand von religiöser und ethnischer Zugehörigkeit, politischem und materiellem Status sowie Geschlecht diskutieren.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen lagen politischer und sozialer Exklusion bzw. Inklusion zugrunde? Welche Gruppen oder Personen wurden aufgrund bestimmter Eigenschaften oder Wahrnehmungen nicht berücksichtigt oder explizit von der Teilhabe ausgeschlossen? Unter welchen Bedingungen und mit welchen Mitteln ließen sich solche exkludierenden Systeme aufbrechen? Welche Arten von Partizipation waren in imperialen Herrschaftsordnungen möglich, und welche wurden erst in demokratischen Ordnungen entwickelt? Welche neuen Formen von Inklusion und Exklusion sind seitdem entstanden?
Unsere Gäste beleuchten die sich verändernden rechtlichen Grundlagen für Inklusion und Exklusion sowie Diskurse um die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppen oder auch Selbstausgrenzung von denselben. Ebenso betrachten sie die – unter Umständen abweichende – gesellschaftliche Praxis und Bewegungen der Selbstermächtigung.
Die diesjährige sechsteilige Vortragsreihe wird aufgrund der pandemischen Lage zumindest vorläufig online stattfinden. Links zu den Veranstaltungen werden jeweils zeitnah bekannt gegeben.
Anmeldung
Anmeldungen nehmen wir auch unter E-Mail:
Termine
(Änderungen vorbehalten)
Donnerstag, 18. Februar 2021, 18:00 Uhr
Exklusion und Inklusion im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts aus rechtshistorischer Perspektive
- Staatsangehörigkeit in Deutschland: Einbürgern und Ausschließen
Dieter Gosewinkel, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung - Frauen ohne Vaterland. Die Staatsangehörigkeit verheirateter Frauen
Marion Röwekamp, Wilhelm und Alexander von Humboldt-Lehrstuhl, Mexico City - Moderation: Iwona Dadej
Donnerstag, 15. April 2021, 18:00 Uhr
Die Bedeutung religiöser und ethnischer Zugehörigkeiten in der frühen Neuzeit
- Türken, Mohren und Tataren – Bilder des Anderen. Muslimische Lebenswelten in Brandenburg-Preußen im 18. Jahrhundert
Stephan Theilig, Humboldt-Universität zu Berlin - Ethnische Gruppenbildung in der Vormoderne
Jürgen Heyde, Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa – GWZO Leipzig
Donnerstag, 20. Mai 2021, 18:00 Uhr
Partizipations- und Exklusionspotentiale imperialer Ordnungen: Bildungswege im 19. Jahrhundert
- Russländisches Reich
Yvonne Kleinmann, Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien, Halle - Habsburgerreich
Martin Rohde, Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien, Halle
Donnerstag, 23. September 2021, 18:00 Uhr
Frauen als Vorkämpferinnen sozialer Gerechtigkeit?
- Völlig vergessen – die oberschlesische Kämpferin Agnes Wabnitz
Roswitha Schieb, Borgsdorf b. Berlin - Die polnisch-russischen Wurzeln von Rosa Luxemburg
Dr. Jörg Schütrumpf, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin
Donnerstag, 28. Oktober 2021, 18:00 Uhr
Vom Numerus Clausus zur Demokratisierung der Akademie?
- Wissenschaft und Universitäten als Labore der Exklusion und Integration?
Annette Vogt, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und Humboldt-Universität zu Berlin - Der polnische akademische Kontext am Beispiel des Lemberger Universitätsmilieus
Iwona Dadej, Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Donnerstag, 2. Dezember 2021, 18:00 Uhr
Zonen der Begrenzung – Aspekte von Grenzen in der Moderne
- Medizinische Isolierung, Lockdown und Quarantäne als historische Formen präventiver Ein- und Ausschließungen im (südost)europäischen Kontext
Dr. Christian Promitzer, Universität Graz - Orientalismus und Nationalismus – Abgrenzungskonzepte in der Habsburgermonarchie und der späten Republik Österreich
Dr. Johannes Feichtinger, Universität Wien
Pressekontakt
Dr. Iwona Dadej: Iwona.Dadej[at]cbh.pan.pl
Ariane Afsari: afsari[at]kulturforum.info
Titelblatt der »Kikeriki!« vom 30. Januar 1879 (s.u.)
Foto: Anfang des Jahres 1879 wurde bekannt, dass im russischen Astrachan in einigen Dörfern die Pest ausgebrochen war. Aus Angst, die Seuche könne sich bis nach Österreich ausbreiten, wurden die Grenzen zu Russland und zum Balkan abgeriegelt. Die in Wien erscheinende Satirezeitschrift »Kikeriki!« thematisierte die damalige große Pestangst.
Abbildung: © Österreichische Nationalbibliothek, ANNO, Kikeriki vom 30. Januar 1879
Text:
Kikeriki: Sie, bester Sicherheitswachmann, um Gotteswillen, lassen Sie diese zwei Leut‘ dort nicht bei der Linie herein.
Sicherheitswachmann: Ja warum denn nicht?
Kikeriki: Weil ich gelesen hab, daß die Pest am leichtesten durch alte Lumpen in die Stadt gebracht wird.
Das Klaus-Zernack-Colloquium ist eine seit über 10 Jahren am ZFH in Berlin Pankow etablierte Vortrags- und Diskussionsreihe, die sich mit Problemen und Themen der (nicht nur) historischen Forschung von Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte im deutsch-polnischen, aber auch mittel- und osteuropäischen Kontext befasst.
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien