Ariane Afsari

Deutsche Frauen, die nach 1945 in Westpommern blieben, erzählen von ihrem Schicksal

Inhalt

Originaltitel
Kraj mojej matki reż
D/PL 2005
Länge: 70 Min.

»Ein Film über und mit deutschen Frauen, die nach 1945 das von Polen übernommene Pommern nicht verließen. Sie sprechen über ihre Erlebnisse, dramatische Ereignisse, aber auch über ihr Familienglück. In der Mehrheit haben sie polnische Männer geheiratet und wohnen bis heute in ihren Dörfern. Die Idee zu diesem Film entstand, nachdem der Regisseur Michał Majerski von einer Frau gehört hatte, die nach einem Schlaganfall plötzlich nur noch deutsch sprach. Niemand hatte vorher gewusst, dass sie Deutsche ist. Bis heute gibt es keine genauen Angaben darüber, wie viele deutsche Frauen nach dem Krieg im nunmehr polnischen Pommern blieben.

Meiner Mutter Land ist der erste Film zu diesem Thema in Polen, wo diese Problematik bisher verschwiegen wurde. Auf dem 35. Filmfestival in Lagow im vergangenen Jahr erhielt er einen Preis als bester deutscher Dokumentarfilm und wurde im polnischen Fernsehen in Stettin ausgestrahlt. Der Regisseur stammt aus einer deutsch-polnischen Familie und hat bereits eine ganze Reihe von Filmen über die Geschichte und Gegenwart Pommerns gedreht, darunter Begegnungen an polnischen Flüssen (2003). Zur Zeit widmet er sich einem neuen Film: Meines Vaters Land ist denjenigen Polen gewidmet, die sich nach dem Krieg im polnischen Westpommern angesiedelt haben.«
Text: Mit freundlicher Genehmigung des al globe, Brandenburgisches Haus der Kulturen

Rezension

Schon die erste Einstellung lässt nichts Gutes ahnen: Über ein ganz heutiges weites weißes Schneefeld zieht eine versprengte Gruppe dunkel gekleideter gebeugter Menschen. Nachgestellte Flucht oder Vertreibung bleibt hier leider das Einzige, was den Krieg thematisiert. Dadurch kommt ein Ungleichgewicht zustande, das glücklicherweise wenigstens nicht auch noch von einem deutschen, sondern von einem polnischen Regisseur konsequent durchgehalten wird. Das wird spätestens dann sehr unangenehm, wenn die nach 1945 in Westpommern gebliebenen wie die von dort nach Deutschland geflüchteten deutschen Frauen, die Michał Majerski nach ihrem Leben befragt, mit ihrer Russenschelte beginnen: Monster, Widerlinge, Vergewaltiger, Kinderschänder. Kein Vergleich zu den polnischen Kavalieren, die in der Nachkriegszeit größtenteils aus Zentralpolen hier angesiedelt wurden und sich die übrig gebliebenen Deutschen zur Frau nahmen.

Natürlich muss und soll man dem Lebensbild dieser Frauen, von denen einige wirklich originell und schlagfertig sind, gebührend Platz einräumen, aber statt diese emotionale Leinwand wahllos weiter zuzuklecksen, hätte man sie rahmen können und müssen. Immerhin kamen die Russen ja nicht nur, weil sie mal wieder ein paar Frauen vergewaltigen wollten, sondern weil das nationalsozialistische Deutschland einen Krieg begonnen hatte, der unfassbares Grauen und Leid über alle beteiligten Völker gebracht hat. Und wenn seine Protagonistinnen nicht über genügend Phantasie und reflexive Kraft verfügen, die Perspektive zu wechseln, dann bietet das Medium Film dem Regisseur ja die nötige Palette an Möglichkeiten, die historischen Hintergründe ausgewogen darzustellen und eigene Schwerpunkte zu setzen.

Der wird aber ausgerechnet auch noch auf die Dame aus Schleswig-Holstein gelegt, die von den Russen geradezu besessen ist und »ihren« Strand bei Kolobrzeg nun von Polen belagert sieht, wenn sie mal als Kurgast wieder in die alte Heimat fährt. Immerhin stören sie die Polen nicht, wenn sie auch meint, dass eine Entschädigung für ihr verlorenes Hab und Gut angemessen wäre; zahlen sollte natürlich der polnische Staat. Was will man machen, so denkt die Dame, aber muss man das in dieser Ausführlichkeit erfahren? Schließlich gibt es ja auch noch ein paar andere Frauen, die in dieser Hinsicht ganz vernünftige Ansichten haben, wie eine Berlinerin, die sogar auf den Lauf der Geschichte verweist, um klarzustellen, dass Reparationen doch eigentlich immer von den Verlierern gezahlt wurden.

Was dieser Film eigentlich ist, das drücken am besten die lakonisch geäußerten Worte der erwähnten Berlinerin aus, die von ihren Enkelkindern zwar aufgefordert wird, von ihrem Leben in Westpommern zu erzählen, die aber an Polen nicht das geringste Interesse bekunden. Dies ist kein Dokumentarfilm, sondern ein Kaffeetrinken bei verschiedenen Großmüttern, die sich teils sehr komisch und sprühend, teils sehr zufrieden und nachdenklich und teils sehr frustriert und traurig erinnern. Das hier behandelte Thema finde ich zu wichtig, als dass man die Zeitzeugen für ein paar Lacher und Seufzer verkaufen darf.

Verlag & Medien: Unsere Publikationen

Die Publikationen des Kulturforums richten sich an einen breiten Leserkreis, dem sie die Kulturtraditionen der Deutschen und ihrer Nachbarn im östl...

Wanderausstellungen

Die Ausstellungen des Kulturforums lassen Leben und Kultur vergangener Zeiten wieder auferstehen. Begeben Sie sich mit uns auf Reisen zu den Ostsee...