Lothar Krone
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Märkische Allgemeine Zeitung • 10.08.2011

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der märkischen allgemeinen zeitung.

Potsdam / Innenstadt. Es muss schon eine besondere Bewandtnis mit diesem Daniel Ernst Jablonski (1660-1741) haben, wenn die Pfarrerin der Nikolaikirchgemeinde Susanne Weichenhan eine komplette Predigt einem Theologen widmete, dessen segensreiches Wirken nunmehr über 300 Jahre zurückliegt. Weil besagter Jablonski Christen sowie Nichtchristen immer noch Wesentliches zu sagen hat, aber dieser Theologe, Seelsorger, Historiker, Wissenschaftsorganisator und Universalgestalt der europäischen Frühaufklärung inzwischen beinahe vergessen ist, wurde nicht nur gepredigt sondern zugleich eine Ausstellung eröffnet.

Es hatte schon etwas Metaphorisches, als die Gemeinde im Anschluss an den Gottesdienst gewissermaßen zur gemeinsamen Hebung des geistigen Vermächtnisses von Jablonski hinab in die Unterkirche von St. Nikolai stieg. Hier erwarteten sie 20 im Leporello-Prinzip gestellte Tafeln des Deutschen Kulturforums östliches Europa, auf denen wichtige Lebensstationen Jablonskis und Themenkreise seines Wirkens dargestellt sind. Zur Eröffnung gab es zudem gleich zwei konkurrierende und dabei Gelehrsamkeit ausstrahlende, opulente Einführungs-Reden.

Der Präsident des Gustav-Adolf-Werks, Wilhelm Hüffmeier, beschrieb Jablonskis Bedeutung als Theologe sowie Ökumene und wies darauf hin, dass dieser ein halbes Jahrhundert als Hofprediger am Berliner Dom wirkte. Auch streiften seine Ausführungen die positive Rolle der Polnischen Adelsrepublik, die für das Entstehen eines regelrecht diskursiven Netzwerks innerhalb der europäischen Geisteswelt begünstigend wirkte.

Den keinesfalls nur staubtrockenen Ausflug ins barocke Geistesleben würzte er mit launigen Formulierungen wie der Bemerkung, dass Jablonski als Vater von 16 Kindern einen entscheidenden Beitrag zum natürlichen Aufbau seiner reformierten Gemeinde leistete. Dann wieder verlor er sich in Details wie dem lebenslangen Bestreben Jablonskis, seiner Kirche ein eher anglikanisches Gesicht zu verleihen oder auch dem weitgehend unbekannten Umstand, dass dieser noch die Huldigungspredigt für Friedrich II. gehalten hatte.

Auch Hartmut Rudolph stimmte in das Hohelied auf den vergessenen Enkel des Philosophen Comenius und Weggefährten von Gottfried Wilhelm Leibniz ein. Er wies darauf hin, dass Leibniz und Jablonski gleichermaßen Gründer der Preußischen Akademie waren. Die universalen Talente dieses Frühaufklärers betonend, rühmte Rudolph abwechselnd den eloquenten Prediger, dann den kundigen Orientalen, sowie begeisterten Talmud-Kenner und auch streitbaren Vertreter der Rechte von Minderheiten. Wessen Vorrat an Neugier nach diesem Elogen-Duett noch nicht aufgebraucht war, der konnte auf den Tafeln eventuelle Unklarheiten abarbeiten oder sich den wirklich anschaulichen, prächtigen Katalog kaufen.

Ausstellung in der Nikolaikirche bis zum 16. Oktober.