Bis heute hält sich die Legende, Alexander sei 1825 nicht verstorben – sondern in die Anonymität abgetaucht
Jan von Flocken

Die Welt • 04.07.2007

1825 befand sich Russland auf dem Höhepunkt seiner politischen Macht. Der Sieg über Napoleon war großenteils russischen Truppen zu verdanken. Zar Alexander I. führte die »Heilige Allianz«, ein Bündnis zwischen Preußen, Österreich und Russland. Er bestimmte die Richtlinien der kontinentalen Politik, wurde gleichsam als Schiedsrichter Europas geachtet. Doch Alexander war ein tiefunglücklicher Mensch. Jahrelang hatte er versucht, sein rückständiges Reich voller Leibeigenen und Zwangsarbeitern zu modernisieren. All seine Pläne scheiterten am Widerstand von Russlands Aristokratie. Als Ausgleich flüchtete er sich in einen exaltierten christlichen Mystizismus. Mehrfach äußerte er den Wunsch, sein Leben als einfacher Mönch in einem Kloster zu beschließen. Bestärkt wurde er darin von seiner Gemahlin Elisabeth, einer deutschen Prinzessin aus Baden, die seine religiösen Ambitionen teilte. […]