In der Streicher-Kammermusik gilt die Oktett-Besetzung mit vier Violinen, zwei Bratschen und zwei Violoncelli als die absolute Obergrenze. Eine einzigartige Ausnahme ist das Doppelquintett für vier Violinen, zwei Bratschen und vier Violoncelli, das Franz Xaver Gebel (1787–1843) in seinen letzten Lebensjahren in Moskau komponierte und seinem Schwiegersohn Heinrich Schmitt, der damals Solocellist am Moskauer Bolschoi-Theater war, widmete.
»Ein umwerfendes Stück von dramatischer Wucht. […] Das ist instrumentale Oper ohne Worte, wirklich ganz mitreißend gespielt vom Hoffmeister Quartett und den Solisten des Breslauer Barockorchesters.«
Jan Brachmann: »Instrumentale Oper ohne Worte«, SWR 2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs. 22.6.2018
Schmitts Kollege in St. Petersburg, der Violoncello-Virtuose Carl Schuberth (1811–1863), komponierte wenig später sein Oktett für vier Violinen, zwei Bratschen und zwei Violoncelli. Beide Werke sind ebenso wie Ihre Schöpfer heute weit- gehend vergessen. Zu Unrecht, finden die Musiker des Hoffmeister-Quartetts und die Solisten des Wrocław Baroque Orchestra, die die Stücke für uns auf CD eingespielt haben. Die Aufnahme entstand in Kooperation mit dem Deutschlandfunk Kultur.
„ein erstaunliches Stück.“ Die Interpreten „sind nicht nur mit Spaß, sondern auch mit Sinn und Verstand bei der Sache.“
Franz Xaver Gebel wurde 1787 in Fürstenau (heute polnisch Milin) bei Breslau geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung wie viele seiner schlesischen Landsleute in Wien. Als seine Lehrer werden der Abbé Vogler und Johann Georg Albrechtsberger genannt. In Wien wirkte Gebel zunächst als Kapellmeister am Leopoldstädter Theater und veröffentlichte bereits einige Kompositionen im Druck, darunter auch die Große Sonate für Pianoforte und Violoncello. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Kapellmeister in Wien, Pest, Hermannstadt und Lemberg gelangte er schließlich 1817 nach Moskau, wo er für den Rest seines Lebens blieb und als Privatlehrer Klavier- und Kompositionsunterricht gab.
Von Gebels Moskauer Kompositionen wurden in seinen letzten Lebensjahren sieben Streichquintette und ein Streichquartett in Moskau gedruckt. Außerdem erschien auch eine Kompositionslehre aus seiner Feder in russischer Übersetzung – das erste Lehrbuch der musikalischen Komposition in russischer Sprache! Eine umfassende Würdigung der Verdienste Gebels um die Moskauer Musikkultur finden wir in dem Nachruf eines anonymen Moskauer Korrespondenten in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 23. Juni 1843.
Heute ist der Komponist allerdings in Russland wie anderswo weitgehend vergessen.
Franz Xaver Gebel (1787–1843): Double String Quintet, op. 28
World Premiere Recordings
Double String Quintet d minor, op. 28 for 4 Violins, 2 Violas and 4 Violincellos
1 | Allegro | 09:56 |
2 | Adagio | 07:23 |
3 | Scherzo: Allegro molto – Trio – Allegro molto | 05:08 |
4 | Introduction: Andante – Allegro | 09:56 |
Carl Schuberth (1811–1863): Oktett, op.23
String octet E major, op.23 for 4 Violins, 2 Violas and 2 Violincellos
5 | Allegro moderato | 10:43 |
6 | Andante | 06:13 |
7 | Scherzo: Allegro assai – Più meno – Tempo IMO | 06:05 |
8 | Allegro furioso | 07:12 |
Total Time: | 01:02:49 |
Das Hoffmeister Quartett
Foto: © Sabine Wild
- Christoph Heinemann, Violine
- Ulla Bundies, Violine
- Aino Hildebrandt, Viola
- Martin Seemann, Violoncello
- mit Patrick Sepec, Violoncello
Das Hoffmeister-Quartett wurde im Jahr 2002 mit dem Ziel gegründet, die Streichquartette der Klassik und Frühromantik in ihrer kaum erschlossenen Vielfalt wiederzuentdecken und im Klang ihrer Zeit aufzuführen. Benannt nach Franz Anton Hoffmeister, dem Zeitgenossen, Freund und Kollegen von Mozart und Haydn, nimmt das Ensemble neben berühmten Werken Haydns, Mozarts und Beethovens immer auch Streichquartette der zahlreichen weniger bekannten Meister ihrer Zeit in seine Programme auf.
In der Profil Edition Günter Hänssler erschien die vielbeachtete Gesamtaufnahme der zwölf Streichquartette des St. Petersburger »genialen Sonderlings« Anton Ferdinand Titz. Beteiligt war das Hoffmeister-Quartett auch bei der CD-Einspielung der Kammermusik E.T.A. Hoffmanns für die Profil-Edition.
Am ersten Pult des Hoffmeister-Quartetts wechseln sich die in Hannover ansässigen Geiger Ulla Bundies und Christoph Heidemann ab, aus Berlin kommen die Bratschistin Aino Hildebrand und der Cellist Martin Seemann. Sie alle musizieren auch in renommierten deutschen Ensembles wie Akademie für Alte Musik Berlin, Cantus Cölln, Concerto Brandenburg, Concerto Köln, Lautten Compagney und Musica Alta Ripa. Konzertreisen führten das Hoffmeister-Quartett bisher nach Belgien und in die Niederlande, nach Polen, Russland und in die Ukraine sowie nach Japan.
In der Aufnahme des Doppelquintetts von Franz Xaver Gebel wird das Hoffmeister-Quartett durch Patrick Sepec am zweiten Violoncello verstärkt. Patric Sepec erhielt seine Violincello-Ausbildung an der Basler Musikhochschule sowie an der Schola Cantorum Basiliensis. Er arbeitet regelmäßig mit international renommierten Ensembles mit dem Barockcello als auch mit der Gambe.
Das Wrocław Baroque Orchestra
Foto © Łukasz Rajchert
Das Wrocław Baroque Orchestra wurde im Jahr 2006 gegründet und ist fester Bestandteil des Nationalen Forums für Musik Breslau/Wrocław (NFM), einer der bedeutendsten Musikinstitutionen Polens. Das Repertoire umfasst Werke der Instrumentalmusik ebenso wie große Oratorien, von der Barockzeit bis zur Romantik. Künstlerischer Leiter des Orchesters ist seit seiner Gründung der namhafte Violoncellist Jarosław Thiel. Das Solistenensemble, das von den Konzertmeistern des Orchesters gebildet wird, tritt in verschiedenen Besetzungen auf und hat bereits zahlreiche Meisterwerke des 19. Jahrhunderts auf historischen Instrumenten interpretiert.
Franz Xaver Gebel: Double String Quintet op. 23 | Carl Schubert: String octet op. 23, Hoffmeister Quartet/Soloists of the Wrocław Baroque-Orchestra
Aufnahme: 2017, Andreas-Kirche, Berlin-Wannsee. Aufnahmeproduzent und digitale Bearbeitung: Uwe Walter, Dipl.-Tonmeister VDT. Produziert vom Deutschlandfunk und dem Deutschen Kulturforum östliches Europa, Klaus Harer, in Kooperation mit Profil-Edition Günter Hänssler. Deutsch-englisches Booklet. Gesamtspielzeit 59:12
℗ 2017 Deutschlandfunk Kultur und Deutsches Kulturforum östliches Europa
© 2018 Profil Medien GmbH
15,00 €, Best.-Nr. PH17071
CD-Booklet
CD-Bestellung
Deutsches Kulturforum östliches Europa
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Konzerttermine
Freitag, 31. August 2018
Berlin-Zehlendorf
Samstag, 1. September 2018
Gutshof Bülowssiege