Reval/Tallinn in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Balthasar Rüssow, eine authentische historische Figur, ist der Sohn eines wenig wohlhabenden estnischen Fuhrmanns, der aber die ständische und auch ethnische Herkunft – ohne sie zu verleugnen – überwindet, Theologie studiert, in bürgerlichem Ansehen lebt und sich zum unbestechlichen Verfasser einer »Chronik der Provinz Lyffland« in seiner bewegten Zeit entwickelt. Sein darin niedergelegter Wahrheitsanspruch kollidiert jedoch mit den Interessen der Obrigkeit …
Wie seine Romanfigur Rüssow fühlte sich auch der Autor Jaan Kross selbst als Chronist seines Heimatlandes. Doch damit sind die Parallelen keineswegs erschöpft. Kross hat eine ähnlich bewegte Vita wie sein Protagonist: Geboren in 1920 in Reval, schloss er sein Jurastudium an der Universität Dorpat/Tartu in den Kriegswirren ab, brachte ein Jahr in Gestapo-Haft und mehrere Jahre in sibirischer Verbannung zu, ließ sich 1954 in Tallinn als freier Autor und Übersetzer nieder. In den 1990er Jahren fiel sein Name immer wieder im Zusammenhang mit dem Literaturnobelpreis, doch erhalten hat er ihn nie. »Ich schreibe historische Romane, weil da die Geschichte schon die halbe Arbeit geleistet hat«, hatte Kross einmal seine Vorliebe für historische Themen zu erklären versucht. 2007 starb Kross in Tallinn – ein bedeutender europäischer Schriftsteller, ein Bewahrer estnischer Kultur und Sprache.
Wie in vielen von Kross' Romanen und Kurzgeschichten gehört auch Balthasar Rüssow zu den Schlüsselfiguren der Kulturgeschichte Estlands. Von den Ereignissen, Schicksalen und Problemen vor Jahrhunderten lassen sich Parallelen bis in die Gegenwart ziehen, und so erweisen sich seine Werke unerwartet als modern.
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Katharina Groth und Wolfgang Wagner arbeiten seit über 30 Jahren als Schauspieler auf verschiedensten Bühnen, in Film und Fernsehen, außerdem als Synchron- und Hörspielsprecher für zahlreiche Projekte; sie leben als Schauspielerehepaar in Berlin. In ihrer Collage haben sie Passagen aus dem über 1000-seitigen Werk Das Leben des Balthasar Rüssow so zusammengestellt, dass livländische bzw. estnische Verhältnisse in der vornationalen Zeit des 16. Jahrhunderts, in dem Rüssow lebte, aufscheinen, vor dem Hintergrund der ständischen Machtfülle der Deutschen, der verschiedenen Sprachen und Dialekte, der Bauernaufstände, des Mächtespiels von Russen, Schweden, Polen und anderen um das Gebiet und nicht zuletzt der immer wieder auftretenden Plage der Pest.
Eine Anmeldung ist verpflichtend. Per E-Mail bis zum 29. Juni 2024 an
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Eine Veranstaltung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit der Botschaft von Estland, Berlin
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Datum | Di, 02.07.2024 |
Zeit | 18:00 Uhr |
Eintritt | frei |
Barrierefrei | Nein |
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Hildebrandstraße 5, 10785 Berlin, Deutschland
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