Galizien ist fester Bestandteil des Habsburgermythos und Inbegriff weltverlorener Abgeschiedenheit, ostjüdischer Kulturtraditionen, kakanischer Lebensart und unbeschreiblicher Armut. Auch wenn es das supranationale Gebilde namens Habsburgermonarchie, zu dem Galizien zwischen 1772 und 1918 gehörte, nicht mehr gibt, lebt Galizien in der Literatur fort.
Neben Leopold von Sacher-Masoch, Iwan Franko und Karl Emil Franzos befassten sich Joseph Roth, Bruno Schulz, Mascha Kaléko, Stanisław Vincenz, Józef Wittlin, Hnat Chotkewytsch, Zygmunt Haupt, Stanisław Lem und Isaak Babel mit galizischen Themen. Heute tun dies unter anderen Sophia und Juri Andruchowytsch, Andrzej Stasiuk, Olga Tokarczuk, Martin Pollack, Tanja Maljartschuk, Taras und Jurko Prochasko, Ziemowit Szczerek, Natalka Sniadanko, Maxim Biller.
Das Buch Literarischer Reiseführer Galizien. Unterwegs in Polen und der Ukraine führt an Orte europäischer Geschichte im Südosten Polens und im Westen der Ukraine. Die Streifzüge durch die naturräumliche, künstlerische und literarische Landschaft Galiziens von Krakau über Tarnow bis nach Brody sowie von Lemberg über Drohobytsch, Stanislau/Iwano-Frankiwsk und Boryslau bis nach Zakopane sind mit Karten und Bildern versehen.
Der Historiker und Germanist Marcin Wiatr ruft der Leserschaft ins Bewusstsein, dass Galizien historische Lektionen bereithält, die uns alle in Europa angehen.
»Der Historiker Marcin Wiatr leitet den Leser durch diese Landschaft, die zu etwa gleichen Teilen zu Polen und der Ukraine gehört – durch die Berge, durch das jüdische Galizien, in Städte wie Krakau und Lemberg und in das Gebiet der einstigen Erdölförderung. Dabei breitet er einen bunten Teppich aus literarischen und historischen Zeugnissen aus. Namen leuchten auf, von Alfred Döblin und Mascha Kaleko in den Zwanzigerjahren bis zu Jurij Andruchowytsch, der nach 1989 den ›Karpatenkarneval‹ begründete, ein Dichterfest. Praktische Hinweise sind knapp gehalten. Dafür wird der Genius Loci so wirksam herbeigezaubert, dass man Mühe hat, die Lektüre zu unterbrechen. Selbst Gorbatschow und Selenskyj tauchen auf. ›Literarischer Reiseführer‹ ist für diesen Führer wahrlich ein Understatement.«
Gerhard Gnauck, F.A.Z.
Marcin Wiatr, geboren 1975 in Gleiwitz/Gliwice, studierte Germanistik, deutsche Geschichte, Erziehungs- und Übersetzungswissenschaften an den Universitäten Oppeln/Opole, Kiel und Krakau. Er wurde mit einer Arbeit über den Politiker Wojciech Korfanty promoviert. 2016 erschien im Verlag des Deutschen Kulturforums sein Literarischer Reiseführer Oberschlesien, 2018 folgte ein Sammelband »Phantomschmerz oder Cholonek und andere« mit seinen Essays zu Oberschlesiens Geschichte und Gegenwart. Daneben publizierte und übersetzte er zahlreiche Beiträge und Publikationen zu deutsch-polnischen Beziehungen in Literatur und Sportgeschichte.
Wiatr ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut in Braunschweig, wo er auf deutscher Seite die Gemeinsame Deutsch-Polnische Schulbuchkommission und das erste deutsch-polnische Schulbuch für Geschichte Europa – Unsere Geschichte betreut sowie die Gemeinsame Deutsch-Tschechische Schulbuchkommission koordiniert. Er forscht zu bildungspolitischen Prozessen und Minderheitenfragen in historischen Grenzregionen des östlichen Europa, internationaler Schulbucharbeit und transnationaler Didaktik.
Eine Veranstaltung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Kooperation mit dem Polonistyczne Centrum Naukowo-Informacyjne Uniwersytetu w Drohobyczu und mit Unterstützung des Vereins Berliner Unterwelten e. V.
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Datum | Do, 07.03.2024 |
Zeit | 12:00 Uhr |
Eintritt | frei |
Barrierefrei | Ja |
Polonistyczne Centrum Naukowo-Informacyjne Uniwersytetu w Drohobyczu
ul. Tarasa Szewczenki 24, 82-100 Drohobytsch/Drohobycz, Ukraine
Adresse mit Google Maps öffnen.
im. I. Menioka Państwowego Uniwersytetu Pedagogicznego im. I. Franki w Drohobyczu