In den letzten Jahren wird das Zusammenleben der deutschen und tschechischen Bevölkerung in den böhmischen Ländern erneut zu einem großen Thema, in Kunst, Film und Literatur. Nachdem die Aufarbeitung der lang tabuisierten Schlüsselereignisse des 20. Jahrhunderts, durch die dieses Zusammenleben in die Brüche ging, weit fortgeschritten ist, konzentrieren sich die Autorinnen und Autoren auf das Private und gehen auf Spurensuche, auch in die eigenen Familiengeschichten.
So ist es bei Alice Horáčková in ihrem Roman Rozpůlený dům, erschienen 2022, und bei Veronika Jonášová in ihrer Ada, im selben Jahr veröffentlicht. Beide Bücher stellen die Vorstellung von einer einfachen – nationalen – Identität und einer eindimensionalen Auslegung der Geschichte in Frage. Was hat die beiden Schriftstellerinnen motiviert, derart persönliche Texte zu schreiben? Wie lief die Spurensuche in der eigenen Familie? Und was haben sie über sich selbst, aber auch über das Land, in dem sie leben, erfahren? Diese und andere Fragen möchte Zuzana Jürgens, Geschäftsführerin des Adalbert Stifter Vereins, mit den Autorinnen nach deren Lesungen besprechen.
Buchcover: Alice Horáčková: »Rozpůlený dům« und Veronika Jonášová: »Ada«
Alice Horáčková, geb. 1989, ist Journalistin und Schriftstellerin. Rozpůlený dům ist ihr zweites belletristisches Buch, ein vielstimmiger Roman, in den sie Familiengeschichten, Erinnerungen und Archivdokumente einfließen lässt. Das Werk entfaltet die Welt eines Dorfes im Riesengebirge vor und während des Zweiten Weltkriegs, die Unzulänglichkeit der nationalen Zuweisungen angesichts der Anforderungen, die das Leben an die Menschen stellt.
Veronika Jonášová, geb. 1982, ist Journalistin. Sie arbeitete als Reporterin und Moderatorin im Tschechischen Fernsehen, von 2019 bis 2022 lebte sie in Berlin. Ada ist ihr belletristisches Debüt, in dessen Mittelpunkt eine junge Fernsehjournalistin steht, die eher zufällig auf die deutschen Wurzeln ihrer Familie stößt. Nach und nach wird die Nachkriegsgewalt an der deutschen Bevölkerung unweit von Olmütz/Olomouc aufgedeckt. Auch hier fließen zeitgenössische Berichte sowie Erinnerungen ein und ergänzen die ungeahnte Geschichte einer geteilten Familie.
Anlässlich des Gastlandauftritts Tschechiens auf der Leipziger Buchmesse 2019 (»Tschechien erlesen«) veranstaltete das Deutsche Kulturforum östliches Europa gemeinsam mit dem Tschechischen Zentrum Berlin eine Reihe von Lesungen von Autorinnen, die in ihren Werken die deutsch-tschechische Geschichte des 20. Jahrhunderts thematisieren. Die NS-Herrschaft im Protektorat Böhmen und Mähren, die Deportation und Ermordung der Juden, die Vertreibung der Deutschen und das Leben der Verbliebenen spiegelt sich in den persönlichen Schicksalen ihrer Figuren. Die Veranstaltung in München knüpft an diese Reihe an.
Eine Veranstaltung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Zentrum München und dem Adalbert Stifter Verein München
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Datum | Di, 28.02.2023 |
Zeit | 19:00 Uhr |
Eintritt | frei |
Barrierefrei | Nein |
Tschechisches Zentrum München
Prinzregentenstr. 7, 80538 München, Deutschland
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