Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem Youtube-Kanal
In Wie kommt der Krieg ins Kind erzählt Susanne Fritz die Geschichte ihrer Mutter. Als vierzehnjährige Deutsche aus Schwersenz/Swarzędz bei Posen/Poznań wird ihre Mutter im April 1945 verhaftet und ins Arbeitslager Potulitz/Potulice abgeführt – in ein ehemaliges »Arbeits- und Ostjugendverwahrlager« unter SS-Kommando, das ab Januar 1945 zunächst in sowjetische, dann in polnische Hand gerät. Die Mutter verbringt viermal ihren Geburtstag im Lager – und wird später gegenüber ihren Kindern immer wieder ausrufen: »Es ist ein Wunder, dass es euch gibt.« Fritz stellt sich in ihrem Nachwort die Frage: »Spielte ich damit nicht womöglich ›Beweise‹ für die von Polen an einer unschuldigen Deutschen begangenen Grausamkeiten in die falschen Hände?« Der Satz ihrer Mutter »Das Unrecht geschah mir zu Recht« weist der Autorin die Richtung:
»Ja, reden wir von Unrecht. Und reden wir davon, durch wen es in die Welt kam, wie es zum System erhoben und ausgebaut wurde und welche Prinzipien ihm zugrunde lagen. Reden wir über Nationalismus und Ungleichheit, über Ausgrenzung, Verachtung, Sklaverei, über Listen, Hetze und Hass. Nichts davon ist aus der Welt. Nichts davon geht nur eine Seite etwas an. Nichts davon erhebt uns über den anderen.«
Susanne Fritz, geboren 1964 in Furtwangen im Schwarzwald, Autorin und Regisseurin, lebt in Freiburg. Sie schreibt Erzählungen, Romane, dramatische und journalistische Texte. Ihr Buch Wie kommt der Krieg ins Kind (Wallstein Verlag 2018/btb 2019) wurde für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sie erhielt diverse Preise, war u.a. Stipendiatin in der Cité Internationale des Arts, Paris, und im Herrenhaus Edenkoben; Albrecht-Lempp-Stipendium, Krakau; Stadtschreiberin in Schwaz/Tirol. In ihrem Bühnenprogramm »WortMusik« tritt sie mit Musikern der Neuen Musik und des Jazz auf.
Eine Veranstaltung im Rahmen der Fortsetzung unserer 2020 gestarteten Lesereihe Unerhörte Familiengeschichten aus dem östlichen Europa, die das Deutsche Kulturforum östliches Europa von Januar bis April 2022 in Zusammenarbeit mit dem Literaturforum im Brecht-Haus Berlin ausrichtet.
Samstag, 22. Januar 2022
Eine Familiensaga aus Pommern
Lesung mit Jan Koneffke
Samstag, 26. Feruar 2022
Wohin ich immer gehe
Lesung mit Nadine Schneider
Samstag, 23. April 2022
Meine Mutter aus Mikultschütz. Eine deutsche Familiengeschichte
Lesung mit Laura Starink
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Datum | Sa, 26.03.2022 |
Zeit | 17:00 Uhr |
Eintritt | 5,– Euro, ermäßigt 3,– Euro |
Barrierefrei | Nein |
Literaturforum im Brecht-Haus
Chausseestraße 125, 10115 Berlin, Deutschland
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