Bereits vor der Wende 1989 war die Geschichte der Deutschen in Böhmen und Mähren ein Thema der tschechischen Literatur. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in den sogenannten Kolonisationsromanen die Besiedlung der von den Deutschen verlassenen Gebieten verherrlicht, die Enteignung und Vertreibung klassenkämpferisch gerechtfertigt. In der Zeit der Liberalisierung wurde der gewaltsame Umgang mit den Deutschen zunehmend kritischer dargestellt. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 konnte diese Literatur nur noch im Samisdat oder im westlichen Ausland erscheinen. Ein Beispiel ist der literarische Fotoband Verlorene Geschichte. Bilder und Texte aus dem heutigen Sudetenland – 1985 verfasst von Eda Kriseová, Petr Příhoda und Jiří Gruša und zwei Jahre später auf Deutsch in Köln erschienen.
Seit der Samtenen Revolution ist die literarische Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte des eigenen Landes zunehmend Thema der tschechischen Literatur geworden. Neben Jaroslav Rudiš, Radka Denemarková und Kateřina Tučková gehört der preisgekrönte Dichter Radek Fridrich hier zu den wichtigsten literarischen Stimmen.
<small>Foto: Archiv Eda Kriseová</small>
Die Schriftstellerin und Publizistin Eda Kriseová, geb. 1940 in Prag, wurde in den 1960er Jahren durch ihre Reportagen über tabuisierte soziale Themen wie Frauenarbeit und internationale Entwicklungsprojekte bekannt. Seit 1967 war sie Mitarbeiterin der Zeitschrift Literární noviny, später Listy, eines der bedeutendsten Periodika des Prager Frühlings. Seit 1969 mit Publikationsverbot belegt, publizierte sie ihre ersten belletristischen Texte im Samisdat und Exil. Von 1990 bis 1992 war sie Beraterin des tschechoslowakischen Präsidenten Václav Havel. Eda Kriseová lebt als freiberufliche Schriftstellerin in Prag.
<small>Foto: © Karel Cudlín</small>
Der Dichter und Übersetzer Radek Fridrich, geb. 1968 in¬Tetschen/Decín, lässt sich in seinen meist zweisprachig tschechisch und deutsch verfassten Werken durch die Geschichte und Landschaft seiner nordböhmischen Heimatregion inspirieren. 2012 erhielt er für den Gedichtband Krooa krooa den wichtigen tschechischen Literaturpreis Magnesia Litera. Zu Fridrichs weiteren Publikationen gehören die Gedichtsammlungen Pra (1998), Řeč mrtvejch/Die Totenrede (2001), Nebožky/Selige (2011) oder der aktuelle Gedichtband S1, der seine Erlebnisse auf der Strecke zwischen Tetschen/ Děčín und Meißen verarbeitet.
Begrüßung
Vortrag
- Das deutsche Thema in der tschechischen Literatur
Dr. Christina Frankenberg, Tschechisches Zentrum Berlin
Lesungen und Podiumsgespräch
Eine Veranstaltung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Adalbert Stifter Verein und dem Tschechischen Zentrum Berlin
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Datum | Di, 03.12.2019 |
Zeit | 19:00 Uhr |
Eintritt | Kostenfrei |
Barrierefrei | Ja |
Tschechisches Zentrum Berlin – Eingang Mohrenstraße
Wilhelmstraße 44, 10117 Berlin, Deutschland
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