Manchmal sind die einfachsten Dinge die kostbarsten: Lebkuchen etwa. Sie werden aus Honig, Roggenmehl oder Weizenmehl, Zucker, Nüssen und teuren Gewürzen wie Zimt, Pfeffer und Nelken gebacken. Die Geschichte des Lebkuchens ist eine europäische Erfolgsgeschichte, die seit mehr als einem Jahrtausend anhält. Er hat seinen Platz in den verschiedensten Kulturen und schmeckt zwar immer nach Lebkuchen, aber doch nie gleich. Eine europäische Spurensuche.
Ursprünglich war die Lebkuchenherstellung eng mit den Klöstern verbunden: Zum einen siedelten sich rund um die Klöster stets viele Handwerker an, zum anderen konnten sich auch nur gewisse Bevölkerungsgruppen – wie Mönche – die teuren Gewürze leisten. Auch wenn sich diesbezüglich bis heute viel verändert hat, spürt man in Seckau in der Steiermark nach wie vor die jahrhundertealte Tradition. Die Bäckerei und Konditorei Regner produziert dort mittlerweile in der vierten Generation herrliche Lebkuchen.
Thorn/Toruń ist die Lebkuchenhauptstadt Polens. Bis heute wird dort die Backtradition hochgehalten, und so wundert es nicht, dass im gotischen Kopernikushaus auch ein Lebkuchenmuseum eingerichtet wurde, dass jährlich von vielen Schulklassen aufgesucht wird. Die vermutlich bekanntesten Lebkuchen Polens sind die Thorner Katharinchen. Zahlreiche Sagen ranken sich um die Entstehung dieses Gebäcks. Sicher ist aber, dass die heilige Katharina die Namensgeberin dieses Lebkuchens war.
In Pardubitz/Pardubice in Tschechien werden die Lebkuchen mit Holzmodeln gebacken. Die Zunft der Modelschnitzer war dort früher hoch angesehen und mit der Zunft der Lebzelter stets eng verbunden. Heute wird diese alte Tradition im dortigen Lebkuchenmuseum bewahrt. Um die wunderschönen Muster der Gebäckmodel noch hervorzuheben, wird der Lebkuchen mit Zuckercouleur bestrichen – das macht die Gewürzkuchen zu einer unverwechselbaren Spezialität der Region.
Die Tradition des Maissauers Lebkuchens geht weit bis ins 17. Jahrhundert zurück. Das liegt einerseits daran, dass Maissau an einer der wichtigsten Handelsrouten zwischen Wien und Prag lag, und andererseits daran, dass die österreichische Stadt jahrhundertelang das Hauptanbaugebiet von Safran war. Dadurch kamen viele Gewürzhändler nach Maissau, die neben Safran noch andere teure Gewürze führten.
Auch im ungarischen Debrezin/Debrecen gibt es eine lange Tradition der Modellebkuchen. Es gab ungewöhnliche Formen wie bunte Husaren und Wickelkinder – und vor allem gab es Lebkuchen, die ausgestochen wurden. In die Mitte der leuchtend roten Herzen wurde ein kleiner Spiegel gelegt, der den Beschenkten vor Unglück bewahren sollte. Man sagt, das rote Lebkuchenherz mit dem Spiegel in der Mitte könne schüchternen Männern helfen, ihre Auserwählte zu erobern.
Innsbruck hat für Lebkuchenfreunde ebenfalls etwas zu bieten. Christoph Munding bäckt in seiner Traditionskonditorei köstliche Lebkuchen, bei denen neben langer Erfahrung auch moderner Zeitgeist spürbar ist. Im Winter steht ihr kleines Lebkuchenhäuschen mitten auf dem Platz vor der Konditorei. Eine Hexe gibt es nicht in diesem Knusperhäuschen, nur eine große Auswahl an Christoph Mundings frisch gebackenen Lebkuchenköstlichkeiten.
Ein Film von Anita Lackenberger und Günter Mader, ca. 50 Min., 2021
Lebkuchenreisen
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