Das Sommerhaus von Thomas Mann auf der Kurischen Nehrung ist ein Ort, an dem sich Geschichte eines ganzen Jahrhunderts widerspiegelt: Als der frisch gekürte Nobelpreisträger 1930 in dem Dorf Nidden ankam, um sein neu errichtetes Sommerhaus zu beziehen, war die Begeisterung groß: »Es entfachte sich ein richtiger Hype um den Schriftsteller«, weiß die Historikerin Ruth Leiserowitz. Ein Jahr zuvor hatte der Dichter bei einem Kurzurlaub die Kurische Nehrung für sich entdeckt. Hier fand er nun in langen Sommern Inspiration und Ruhe zum Schreiben. »Er hatte wenig Kontakt zu der Bevölkerung, es war die einzigartige Landschaft, die ihn faszinierte«, berichtet der Übersetzer Antanas Gailius.
Doch die politische Entwicklung in Deutschland ließ sich im litauischen Nidden nahe der deutschen Grenze bald nicht mehr ausblenden. Als im August 1932 ein angekohltes Exemplar der Buddenbrooks auf der Türschwelle liegt, ist für die Manns die Idylle für immer zerstört. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten geht die Familie ins Exil, ihr Sommerhaus wird später zum Erholungsheim für Wehrmachtssoldaten, bis es nach der Eroberung Litauens durch die Rote Armee zu verfallen droht. Es ist hartnäckigen Mann-Fans zu verdanken, dass das Haus in den 60er Jahren zu einer Gedenkstätte umgebaut wird und sich in der Sowjetunion zu einem Ort des freiheitlichen Denkens und später zu einer Keimzelle der litauischen Unabhängigkeitsbewegung entwickelt. Heute ist das Haus ein viel besuchtes Museum.
Ein Film von Sascha Schmidt, 2023, ca. 30 Min.
Häuser der Kunst: Thomas Mann, das Sommerhaus in Nida
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