»Sofern es überhaupt ein ›Bewältigen‹ der Vergangenheit gibt, besteht es in dem Nacherzählen dessen, was sich ereignet hat; aber auch dies Nacherzählen, das Geschichte formt, löst keine Probleme und beschwichtigt kein Leiden, es bewältigt nichts endgültig, es hilft aber, ›die innere Wahrheit des Geschehens so transparent in die Erscheinung‹ zu bringen, daß man sagen kann: Ja, so ist es gewesen.«
Hannah Arendt
Nach dem mehrjährigen Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschland in Ost- und Mitteleuropa mit allein 25 Millionen sowjetischer Opfer – etwa die Hälfte Zivilisten – stand die Rote Armee 1944 vor Ostpreußen, der östlichsten Provinz des Deutschen Reichs.
Hunderttausende Deutsche flohen, um befürchteter Rache und Vergeltung zu entgehen. Immer wieder gingen Kinder auf der Flucht verloren oder erlebten die Ermordung der eigenen Familie. Andere mussten ohnmächtig mit ansehen, wie ihre Geschwister verhungerten, die Großeltern aus Schwäche starben oder die Mutter einer Epidemie erlag. Auf sich alleine gestellt, versuchten diese Kinder in der freien Natur des Baltikums zu überleben. Gegen Hunger, Kälte und sowjetische Willkür führten sie einen Kampf um Leben und Tod.
Einige fanden Unterschlupf bei litauischen Bauern, die sie heimlich aufnahmen und notdürftig versorgten. Im Gegenzug halfen die Kinder auf den Höfen aus. Eine Schulbildung blieb den meisten verwehrt, ein Großteil kann bis heute weder lesen noch schreiben. In der Regel erhielten die Kinder eine neue Identität und litauische Namen, um ihre Herkunft zu verschleiern. So blieben sie Jahrzehnte hinter dem Eisernen Vorhang zurück ohne dass ihr Schicksal einer größeren Öffentlichkeit bekannt war. Seit dem Fall der Sowjetunion Anfang der neunziger Jahre veränderte sich auch das Leben der Wolfskinder.
Die Wanderausstellung »Wolfskinder – Verlassen zwischen Ostpreußen und Litauen« dokumentiert in nie zuvor gezeigten Bildern und Textzeugnissen den Weg der Wolfskinder bis heute. Die Ausstellung basiert auf einem Oral History Projekt der Fotografin Claudia Heinermann und der Journalistin Sonya Winterberg. Für diese einzigartige Dokumentation reisten sie über mehrere Jahre nach Litauen, um die dort lebenden Wolfskinder zu besuchen. Mit ihnen sprachen sie über die Erlebnisse der Kindheit, die Flucht und das Leben hinter dem Eisernen Vorhang – ohne Wurzeln und voll der Sehnsucht nach Familie und Verwandten. Ihre bewegenden Schicksale werden so dem Vergessen entrissen und öffnen sich zu einem vielschichtigen Panorama der Zeitgeschichte.
Samstag, 7. März 2020
11:00 Uhr
weitere Informationen
Montag – Sonntag
09:00 bis 18:00 Uhr
Einlass bis 17 Uhr, Kassenschluss 17:30 Uhr
Im März montags geschlossen.
Aufgrund der aktuellen Hygienebestimmungen gibt es zunächst einen etwas eingeschränkten Betrieb. Ihnen steht das Freigelände des Museums, 23 Häuser und die drei Sonderausstellungen offen, also auch die Wolfskinder-Ausstellung.
Vorerst sind nur die Erdgeschosse der Häuser zugänglich, bei denen eine »Einbahnregelung« möglich ist (das heißt, diese Häuser verfügen über zwei separate Ein-/Ausgänge). Grund dafür ist, dass gewährleistet sein muss, dass Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu haushaltsfremden Besuchern halten können.
Im Kassengebäude und innerhalb der Gebäude besteht außerdem für alle Besucher Maskenpflicht. Einige andere Häuser erlauben durch geöffneten Türen zumindest einen Einblick ins Innere. Auf zahlreichen zusätzlich aufgestellten Bänken lässt sich eine Pause mit dem nötigen Abstand machen. Der Museumsshop bleibt bis auf Weiteres noch geschlossen.
Im 45 Hektar großen Gelände gibt es aber dennoch sehr viel zu entdecken – der Frühling hat Einzug gehalten, alles ist wunderbar grün und blüht! Die Gärten sind frisch angepflanzt uns es gibt viele Museumstiere zu bestaunen, insbesondere auf dem Seubersdorfer Hof, auf dem sich einige Tierkinder der Triesdorfer Tiger, der Fränkischen Landgans und der Ramelsloher Hühner tummeln!
Wolfskinder, Fotos Claudia Heinermann, Texte Sonya Winterberg, Epilog Wolfgang Frhr. v. Stetten
50,00 €, ISBN 978-90-814089-3-6
Ausführliche Informationen zum Projekt:
www.wolfskinder.eu
Eine Ausstellung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg, präsentiert vom Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Foto: Reinhard Werner Bundt. © Claudia Heinermann, 2015
Datum | Mi, 27.05.2020 |
Ende | 13.09.2020 |
Eintritt | Kostenfrei |
Barrierefrei | Nein |
Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim
Eisweiherweg 1, 91438 Bad Windsheim, Deutschland
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