Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Kinder im Kaliningrader Gebiet – Nördliches Ostpreußen. Ein Film von Volker Koepp
24. Januar 2008
Filmplakat: HolunderblüteFilmplakat

Mit Holunderblüte kehrt Volker Koepp in die Landschaft des ehemaligen Ostpreußens zurück. Der Film registriert die politischen und sozialen Veränderungen, die Verelendung der Menschen nach dem Zusammenbruch der landwirtschaftlichen Strukturen, die Entvölkerung der Dörfer und Zersplitterung der Familien – aber er zeigt auch eine Landschaft, die für Kinder ein riesiger Abenteuerspielplatz ist. Sie erzählen in diesem Film von ihrem Leben, ihren Wünschen und Träumen. Kinder, die häufig ohne die Eltern aufwachsen, die die Verantwortung für sich und ihre Geschwister übernehmen, die von Alkoholismus und Gewalt ebenso selbstverständlich erzählen wie von Freundschaft und Liebe.

Kinder, die sich die Natur spielerisch und kreativ aneignen, die mit Lebenslust und Witz eine kindliche Gegenwelt entwerfen, in der ihre Hoffnungen und Sehnsüchte aufgehoben sind. Der Film begleitet die Kinder des Kaliningrader Gebiets ein Jahr lang durch den Kreislauf der Jahreszeiten und bleibt dabei konsequent in ihrer Perspektive.

Volker Koepp über seinen Film:

»Zusammen mit Bobrowskis Gedicht entstand die Idee, einen Film vor allem mit Kindern zu machen. Die Spannung, die sich für mich mit diesem neuen Ansatz ergibt, ist sehr groß. Es ist nicht einfach nur ›noch ein Film‹ den ich im ehemaligen Ostpreußen drehe, es ist der Abschluss meines ›Ostpreußen- Zyklus‹«.

Die Hauptpersonen des Films sind Kinder. In dieser Ruinenlandschaft, die ich beschrieben habe, sahen wir sie während unserer früheren Dreharbeiten oft spielen. Zwischen Gerümpel, Steinen und Gras inmitten der Landschaft gaben sie selbstvergessen der zerstreuten Welt im Spiel eine neue Gestalt. Kinder sind dem Augenblick verhaftet und können den Erwachsenen vorführen, was diese verloren haben. Tragen doch die Momente selbstzufriedener Glückseligkeit bei Kindern auch das Versprechen auf eine bessere Welt in sich. Dem Erwachsenen erscheint Kindheit als ein utopischer Raum der Phantasien, Sehnsüchte und Wunschbilder. In der Erlebniswelt von Kindern ist alles vorstellbar und denkbar. Sie haben ein anderes Verhältnis zu Zeit und Tod. Sie können noch mit dem dritten Auge sehen, haben den magischen Blick auf die Wirklichkeit, der mit der Austreibung aus der Kinderwelt verloren geht. Die Romantik hat einst diesen Mythos von Kindheit entworfen, der von der Ganzheit und Autonomie des Kindes erzählt und unsere Kultur bis heute prägt. Im Rückblick der Erwachsenen ist Kindheit ein entschwundenes Land, an das man sich glücklich oder zärtlich melancholisch, idealisierend oder auch schmerzhaft erinnert.

Die Bücher, die über Ostpreußen als Erinnerungsliteratur geschrieben wurden, reflektieren meistens nicht nur den Verlust des Lebensorts sondern auch der Lebenszeit, der Kindheit. […]

Holunderblüte
Ausführlich Informationen auf den Internetseiten der Edition Salzgeber