Die Geschichte Lembergs im Jahrhundert der Gewalt
Süddeutsche Zeitung, 21.09.2017
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Von Volker Breidecker

[…] So steht Lemberg auch unter neuem Namen am Eingang eines »Grenzlandes« – nichts anderes heißt »Ukraine« wörtlich übersetzt –, inmitten von Europas »kontaminierten Landschaften« (Martin Pollack) – der Historiker Timothy Snyder prägte dafür das Wort von den »Bloodlands«: »Europas vergessene Mitte«, auf die Klevemann auf seinen Streifzügen durch die Stadt und ihre Bibliotheken, in Gesprächen mit Zeitzeugen und mit Einheimischen stößt, ist ein »schwarzes Loch« der kollektiven Gedächtnisse, das Herz von Europas Finsternis. Diese Mitte liegt exakt auf der Wasserscheide zwischen dem Baltischen und dem Schwarzen Meer; seit dem Mittelalter war sie Umschlagsort nach allen Himmelsrichtungen für Menschen, Güter und Ideen; im 20. Jahrhundert ist sie der Knotenpunkt, an dem sich die Deportationszüge kreuzten, so wie jener ausrangierte, im Lemberger Museumsprojekt »Territorium des Terrors« ausgestellte Güterzug: »Fuhr der Zug nach Osten«, schreibt Kleveman, »transportierte er Ukrainer, Polen und Juden nach Zentralasien; fuhr er nach Westen, brachte er Juden ins Vernichtungslager Belzec.« […]

Stadt ohne Gedächtnis
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