Von Helmut Neubach
Am 22. Dezember 2016 feierte der ehemalige Direktor der Martin-Opitz-Bibliothek Herne, Dr. Wolfgang Kessler, seinen 70. Geburtstag. Auf diesen verantwortungsvollen Posten war der in Mönchengladbach wohnende Jubilar über Stationen gelangt, die fast alle im Rhein-Ruhr-Gebiet liegen: Nach dem Studium der osteuropäischen Geschichte und Slawistik legte er 1973 an der Ruhr-Universität Bochum die Magisterprüfung ab, auf die später in Düsseldorf die Promotion folgte. Einige Jahre arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Hochschulassistent an den Universitäten Köln, Düsseldorf und Marburg. Nebenbei redigierte er die Zeitschrift Deutsche Ostkunde, für die er Dutzende von Besprechungen verfasste.
Im Jahre 1989 kehrte Kessler nach Herne zurück, wo er bereits von 1976 bis 1979 als Bibliothekar an der von Viktor Kauder gegründeten Bücherei des deutschen Ostens gearbeitet hatte. Über zwei Jahrzehnte, bis 2011, leitete er die inzwischen in Martin-Opitz-Bibliothek umbenannte kulturelle Einrichtung, die er in kurzer Zeit zu einer überregional angesehenen wissenschaftlichen Institution ausbaute.
Mit leichter Übertreibung lässt sich sagen, dass Wolfgang Kessler die Herner Bibliothek aus einem »Winterschlaf« geweckt hat. Dasselbe könnte man von der Posener Kommission behaupten, deren voller Name wie folgt lautete: Historisch-landeskundliche Kommission für Posen und das Deutschtum in Polen. Nach dem Tode ihres hoch angesehenen Vorsitzenden Gotthold Rhode (1990) verlor sie viel von ihrer alten Leistungsfähigkeit. In dieser Notlage wählte die Kommission im Januar 1996 Wolfgang Kessler zu ihrem Vorsitzenden, was sich bald als Glücksfall erweisen sollte.
Dass mit ihm ein frischer Wind in die Kommission einzog, war schon an seinem Antrag auf Änderung ihres Namens zu erkennen. Nicht nur jungen Mitgliedern missfiel der Terminus »Deutschtum« mit seinem etwas antiquierten, überholten Beigeschmack, so dass sich 1997 nach kontrovers geführter Diskussion die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit für den Namen Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen entschied. Kessler brachte einige längst begonnene, aber immer noch nicht abgeschlossene Arbeitsvorhaben zum Druck, darunter zusammen mit dem Chronisten die »Beiträge zu einem Biographischen Lexikon der Deutschen aus der Provinz Posen«. Ferner begründete er die beiden Schriftenreihen »Erinnerung und Biographie der Deutschen in Polen« sowie »Beiträge zur Geschichte der Deutschen in Polen und der deutsch-polnischen Beziehungen«.
Sein erste größere Publikation war eine Zusammenstellung der Ost- und südostdeutschen Heimatbücher und Ortsmonographien nach 1945 (1979), herausgegeben von der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat. Allein Schlesien betreffen zwei Bibliographien schlesischer Periodika: Im Jahre 1984 erschien das Gesamtverzeichnis der Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens und der Schlesischen Geschichtsblätter, 2012 ein solches der Vierteljahresschrift Schlesien, die 1996 eingegangen ist.
Gemeinsam mit dem jetzigen Kommissionsvorsitzenden Dr. Markus Krzoska gab Wolfgang Kessler im Jahre 2013 das Gemeinschaftswerk Zwischen Region und Nation heraus. Der Untertitel 125 Jahre Forschung zur Geschichte der Deutschen in Polen lässt erahnen, dass darin auch die Geschichte der Kommission und die ihrer Vorgängerin, der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, behandelt wird.
Mit zwei wissenschaftlichen Institutionen bleibt das Lebenswerk des Jubilars eng verbunden: erstens mit der Martin-Opitz-Bibliothek und zweitens mit der Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen. Beide hat er durch seine unermüdliche Tatkraft und seinen Ideenreichtum aus einer Talsohle hinausgeführt. Wolfgang Kessler kennt sich in allen ehemaligen preußischen Ostprovinzen sehr gut aus. Er ist Experte längst nicht nur für Posen und Schlesien.
Von Büchern umgeben
Der Originalartikel auf den Internetseiten der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR
Die Veröffentlichung dieses Textes, erschienen in Ausgabe 1377, erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Pressedienstes Kulturpolitische Korrespondenz – Berichte, Meinungen, Dokumente, herausgegeben von der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR.