Am Oberrhein leben Hunderte russlanddeutsche Familien, die früher im Norden Kasachstans in der Nähe des Atomwaffentestgeländes ansässig waren – Augenzeugen und Leidtragende eines der größten Verbrechen der Sowjetmacht. Die Geschichte der Staigers
von Ulla Lachauer
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Stuttgarter Zeitung, 01.10.2015

[…] Emil war in diesem Jahr, als Hitler die Sowjetunion überfiel und Stalin an den Deutschen in der UdSSR Rache nahm, gerade sieben.. Nur das Nötigste durften sie einpacken. Und rauf auf die mit Büffeln bespannten Wagen, dann per Bahn nach Baku, mit dem Schiff übers Kaspische Meer, bis sie schließlich ein Güterzug auf der nackten kasachischen Steppe abkippte. Viele starben untewegs, auch Emils kleiner Bruder Ewald. Als die Überlebenden, darunter die sechsjährige Hulda, eine Nachbarstochter aus Waldheim, das Dorf Sargal erreichten, war Winter. Weihnachten herrschten 50 Grad Frost, das Obdach eine armselige Hütte. […] »Unfassbar«, dass zu allem Leid ein weiteres kommt. Davon hatte Lilli bis dahin nicht mal andeutungsweise gehört: Nahe dem Dorf Sargal zündet die Sowjetmacht ihre erste Atombombe am 29. August 1949. […]

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