Polnische Antwort auf Zentrum gegen Vertreibungen

Deutsche Welle, Monitor Ost- / Südosteuropa, 28.11.2003

Warschau, 27.11.2003 IAR Nachrichtenagentur des Polnischen Hörfunks, poln.

Der Sejm hat einen Beschluss über die Gründung eines Zentrums zum Gedenken an die Nationen Europas unter der Schirmherrschaft des Europarates verabschiedet. Es ist die Antwort der Abgeordneten auf die Diskussionen über die Gründung eines Zentrums gegen Vertreibungen, die in Deutschland stattfinden.
Die Sejmabgeordneten stellen in diesem Beschluss fest, dass man »bei dem Gedenken an das ganze Volk keine schwierigen Wahrheiten außen vor lassen soll. Außerdem darf man keine Folgen zeigen ohne auf die Ursachen hinzuweisen«. Ferner erinnern sie daran, dass die Entscheidung über die Vertreibung der Deutschen aus den polnischen Gebieten während der Konferenz in Potsdam gefallen sei und durch die USA, Großbritannien und die UdSSR beschlossen worden sei.

In dem Sejmbeschluss ist zu lesen, dass sich der Sejm an das Leiden der Vertriebenen erinnert, aber gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass – wenn man die oben erwähnten Fakten außer Acht lässt – die historische Wahrheit verfälscht wird. Dies führt zu einer Relativierung der Bewertung der Fakten, in denen die rechtmäßige Aussiedlung der deutschen Bevölkerung mit den Verbrechen aus der Nazi- und Stalinzeit gleichgestellt werden.
Gegen diese Formulierung protestieren die Abgeordneten der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). »Wenn man das Zentrum auf der Grundlage solch eines Beschlusses errichten würde, dann würden sich nach Ansicht des Abgeordneten Marek Jurek nebeneinander Gedenkstätten befinden, in denen an die Naziverbrecher und an die Vertreibung der Deutschen aus Polen erinnert wird.« Nach Meinung des Abgeordneten Marek Jurek hat sich die Partei Recht und Gerechtigkeit der Stimme enthalten, weil Polen nicht als Nation der Schuldigen dargestellt werden darf, und zwar in Bezug auf die Punkte, in denen das polnische Volk keine moralische Verantwortung trage. Dies könne jedoch aus dem Beschluss entnommen werden.

Eine andere Ansicht vertritt […] der Abgeordnete der Bürgerplattform (PO), Bogdan Klich, der sagte, dass die Formulierung in diesem Beschluss, die besagt, dass die Vertreibung nicht mit den Verbrechen im Kommunismus und in der Nazizeit gleichgestellt werden können, stark genug aber viel ausdruckvoller sei als die, die von der Partei Recht und Gerechtigkeit vorgeschlagen worden sei.
Der Sejmmarschall Marek Borowski kündigte nach der Abstimmung an, dass er den Wortlaut des Beschlusses an die Parlamentspräsidenten der Mietgliedstaaten des Europarates weiter leiten werde. (Sta)