Frankfurter Allgemeine Zeitung • 11.09.2012
Hier, und eigentlich nur hier, kann man einen Überblick über das Faszinosum einer einzigartigen Kulturblüte bekommen: Eine deutsche Minderheit von weniger als hunderttausend Sprechern unter anderthalb Millionen Tschechen brachte nach 1900 und bis zur Ausrottung dieser Kultur durch Deutsche 1938 nicht nur ein immenses Kulturleben mit Tageszeitungen, Theatern, Bibliotheken und Verlagen hervor, sondern auch Weltliteratur. […] Das neue Kabinett, das unter der Gründungsdirektorin Lucie Černohousová nach einem Konzept der Germanisten Kurt Krolop und Julia Hadwiger zustande kam, möchte aber nicht nur an die ganz großen Namen erinnern, zu denen noch Egon Erwin Kisch als erster Starreporter unserer Sprache zu rechnen ist. Der immer noch unterschätzte Leo Perutz, der später in Wien und nach der Emigration in Tel Aviv zu den Meistern der Zwischenkriegsprosa aufstieg und dessen Spätwerk nachts unter der steinernen brücke zu den genialsten Prag-Büchern zählt, gehörte ebenfalls zu einer lebendigen Autorenkultur, in der der auch weniger bekannte Größen wie Oskar Wiener, Richard A. Berman, Ernst Weiß, Johannes Urzidil, Oskar Baum, Ludwig Winder, Hermann Ungar oder Gustav Meyrink, der Schöpfer des golem-Romans, ihren Platz hatten. […]
- Was vom Prager Wunder übrig blieb
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