Deutsche Welle Monitor Ost- / Südosteuropa, 08.09.2003

Leiter der Untersuchungsabteilung des polnischen Institutes für Nationales Gedenken: »Unterstützung der Politik Hitlers durch die deutschen Familien, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Region Pomorze (Pommern) vertrieben wurden, muss auch dokumentiert werden«

Warschau, 06.09.2003, IAR Informationsagentur des polnischen Rundfunks, poln.

»Wenn die Deutschen über die Gründung eines Zentrums gegen Vertreibungen nachdenken, dann sollten sie dort auch all die Dokumente zeigen, die das Ausmaß an Unterstützung der Politik Hitlers durch die deutschen Familien dokumentieren, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Region Pomorze (Pommern) vertrieben wurden«, sagte gegenüber der Informationsagentur IAR Professor Witold Kulesza, Leiter der Untersuchungsabteilung des Institutes für Nationales Gedenken (IPN). Er fügte hinzu: »Derjenige, der vom Leid der Deutschen spricht, darf nicht vergessen, welche Ereignisse dieser Vertreibung zu Grunde lagen«.
»In diesem Zentrum sollten sich auch Informationen darüber befinden, wie viele der später vertriebenen Familien während des Krieges an ihren Häusern die Naziflagge zu Hitlers Geburtstag gehisst haben oder wie viele ihrer Familienmitglieder der NSDAP angehörten und wie viele Kinder der Hitlerjugend. Einen solchen Rat würde ich als polnischer Staatsanwalt geben«, sagte Professor Witold Kulesza.

Er erinnerte daran, dass von den in Pommern lebenden Deutschen Spezialtrupps gegründet wurden, d. h. »Selbstschutz« genannte Exekutionskommandos, die 12 000 Mitglieder hatten. Der »Selbstschutz« hat in den ersten drei Monaten des Zweiten Weltkrieges mehrere tausend polnische Nachbarn ermordet, um dieses Gebiet »ethnisch zu säubern«. »Die Mitglieder deutscher Familien haben z. B. während der Aktion 'Jodelberg‘ 60.000 Polen, und zwar hauptsächlich die Intelligenz, umgebracht. Diese Angaben stammen aus einer Ermittlung, die in Polen zur Zeit durchgeführt wird«, betonte Professor Witold Kulesza
Witold Kulesza sprach sich außerdem dafür aus, im Zentrum gegen Vertreibung alle Dokumente zu zeigen, die von der von den Nazis geplanten Vernichtung der sogenannten »Untermenschen« handeln. In den damaligen deutschen Akten, die die Aggression gegen Polen begründen, wurden die Polen als »Untermenschen« bezeichnet. (Sta)