Eine winterliche Reise mit Jaroslav Rudiš und Jaromír 99 an die Schauplätze ihres fulminanten Comicromans. Mit dem Epos vom Eisenbahner Alois Nebel haben sie den Tschechen einen lange verdrängten Teil ihrer jüngeren Geschichte wieder nahegebracht
Dirk Schümer

Frankfurter Allgemeine Zeitung • 18.02.2012

[…] Bei unseren tschechischen Nachbarn ist ausgerechnet dieser schweigsame, schüchterne Verlierer Alois Nebel, der die Vertreibung der Deutschen nicht vergessen kann, zur Kultfigur geworden. Der Erfolg der Trilogie zeugt von der Veränderung der Öffentlichkeit. Noch bis lange nach der Samtenen Revolution von 1989 war es tabu, über die Sudetendeutschen zu sprechen. »Man hat uns in der Schule erzählt, sie seien mit den Nazis ins Land gekommen und seien dann 1945 von den Kommunisten wieder vertrieben worden«, erzählt Jaroslav Rudiš über den Unterbau seines Epos. Was man über die tausendjährige Präsenz deutscher Kultur im Land wusste, stand in den vergilbten deutschen Inschriften auf Hauswänden, auf den Grabsteinen verfallender Friedhöfe. Oder es erzählten die Großväter vom nicht immer unharmonischen Nebeneinander der Sprachgruppen. […]