Im 20. Jahrhundert kam die gewaltsame Umsiedlung von Völkern öfter vor – drei Bücher zeigen, wie die Staaten einander dabei inspirierten
Klaus Brill

Süddeutsche Zeitung • 21.11.2011

Winston Churchill wollte »reinen Tisch« machen. Im Dezember 1944 hielt der britische Kriegspremier im Unterhaus eine Rede, in der er unverblümt »die vollständige Vertreibung« von Millionen Deutschen aus dem Gebiet ankündigte, das nach dem Ende des Hitler-Regimes dem wieder zu errichtenden Staat Polen zufallen sollte. Diese zwangsweise Umsiedlung werde »am zufriedenstellendsten und am dauerhaftesten« die dort gegebenen Probleme lösen. »Es wird keine Vermischung von Völkern mehr geben, die endlose Querelen verursacht, wie es etwa in Elsass-Lothringen der Fall war«, sagte Churchill. Er bilanzierte damit Überlegungen, die im Foreign Office schon seit 1940, also kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, angestellt worden waren. Man sah in London den Transfer ganzer Volksgruppen, so die Ausweisung der drei Millionen Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei, als »Beitrag zum Frieden«. In den Regierungen der USA und der Sowjetunion dachte man ähnlich. […]