Wenn Horst Seehofer jetzt nach Prag fährt, kann er einige Vorurteile zu Hause lassen. Die bizarre Eiszeit zwischen Böhmen und Bayern währt schon zu lang.
Kilian Kirchgessner

Frankfurter Rundschau • 18.12.2010

[…] Selbst von der Sudetendeutschen Landsmannschaft kommen seit mehreren Jahren versöhnliche Töne – ihr Vorsitzender Bernd Posselt hat erst vor wenigen Wochen auf einer Tschechien-Reise viele Vorbehalte ausgeräumt, als er sowohl zu den Gedenkstätten für deutsche wie für tschechische Untaten gereist ist und nicht etwa einseitig das Leid der Heimatvertriebenen beklagt hat. Und in Tschechien? Auch dort passiert gerade etwas, was lange Zeit undenkbar war: Allenthalben beginnen lokale, aber auch überregionale Initiativen mit der Aufarbeitung der Vergangenheit – und legen durchaus selbstkritisch die Finger in die Wunde der tschechischen Verbrechen, der tschechischen Schuld. Dokumentarfilme wie jener mit dem bezeichnenden Titel töten auf tschechisch haben eine ungeahnte Debatte über die Vertreibung angestoßen. […]