Der Literaturwissenschaftler Hans Dieter Zimmermann über den Prager Autor H. G. Adler
Silja Schultheis

Radio Prag • 24.10.2010

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prager zeitung: Er war ein Chronist seiner Zeit, sein Werk über Theresienstadt – theresienstadt 1941–45’ – gilt bis heute als Standardwerk, in Fachkreisen wird darüber diskutiert. Wie kann es dann sein, dass er bis heute so wenig bekannt ist? H. G. Adler hat über sich selbst einmal gesagt, dass er wahrscheinlich der »erfolgloseste, unbekannteste und verkannteste deutschsprachige Autor« sei.


Hans-Dieter Zimmermann: »Das Theresienstadt-Buch ist eines der früheren Bücher über ein Konzentrationslager. Es gibt bei uns in der Literatur noch der ss-staat’ von Eugen Kogon, der Buchenwald überlebt hat, das ist auch kurz nach dem Krieg erschienen. theresienstadt ist unter den Historikern bekannt und wird diskutiert, auch kontrovers diskutiert. Aber die Romane haben sich nicht durchgesetzt. Und ich muss Ihnen sagen, es ist mir auch ein Rätsel, ich weiß nicht warum. Eines ist die Emigration: Er war in London, weit weg vom deutschen literarischen Leben. Er war befreundet mit Heinrich Böll, der sich sehr für ihn eingesetzt hat. Elias Canetti hat ihn sehr gelobt. Aber es ist ihm nicht gelungen, einen Verleger zu finden, der sich auch für ihn einsetzt. Seine Bücher sind in kleinen Verlagen erschienen, die nicht die Mittel hatten, ihn groß durchzusetzen. Jetzt ist es immerhin Michel Krüger vom Hansa-Verlag, der sich für ihn einsetzt. Und ich hoffe, dass Adler den Platz erhält, der ihm zukommt. […]