Reflexionen aus Tschechien – im Gespräch mit Ondřej Matějka von der Bürgerinitiative Antikomplex
Gerald Schubert

Radio Prag • 09.11.2009

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radio prag: In den letzten Wochen haben ja die so genannten Beneš-Dekrete und alles, was mit ihnen zusammenhängt, wieder ein lautstarkes Echo erfahren – auch in anderen europäischen Ländern. Es geht dabei um die Diskussion rund um die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon. Als Präsident Václav Klaus durchgesetzt hat, dass man die Tschechische Republik von der Grundrechtecharta ausnimmt, mit dem Argument, dass man ansonsten mit Eigentumsforderungen von Sudetendeutschen rechnen müsste, da konnte man in Tschechien – zumindest wenn man nicht genau hingehört hat – den Eindruck gewinnen, dass das Volk hinter Václav Klaus steht. Wurde das aber vielleicht nur von den Medien schlecht reflektiert? Denn wenn man Dir so zuhört, dann könnte man doch glauben, dass es viele Initiativen gibt, die sich mit der Vergangenheit sehr offen auseinandersetzen.
Ondřej Matějka: »Einerseits zeigen die Umfragen: Václav Klaus konnte mit der Karte der Beneš-Dekrete die Unterstützung der Öffentlichkeit gewinnen. […] Doch auch wenn es relativ schwierig zu erklären ist, würde ich sagen: Das hat letztlich doch wenig damit zu tun, wie die Tschechen auf die Nachkriegsvergangenheit zurückblicken. Dieser Aufarbeitungsprozess ist relativ unabhängig von diesem symbolischen Thema, das man einfach unangetastet haben will.« […]