Die im rumänischen Nitzkydorf (Banat) geborene und heute in Berlin lebende Autorin zeichne, so die Jury, »mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit«
dpa
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Herta Müller im Sommer 2009 am Berliner Wannsee während der Sommerakademie für Übersetzer, die jährlich vom Literarischen Colloquium Berlin und dem Deutschen Kulturforum östliches Europa organisiert wird. Rechts unten die Rückseite der Medaille des Nobelp

Stockholm. Die deutsche Autorin Herta Müller wird in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Damit geht die wichtigste Auszeichnung der literarischen Welt zehn Jahre nach der Würdigung von Günter Grass wieder nach Deutschland.

Die 56 Jahre alte Herta Müller zeichne »mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit«, erklärte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm. Herta Müller ist in Rumänien geboren und verarbeitet in ihren Werken Erlebnisse von Fremdheit und politischer Verfolgung.

Ihr Lebenswerk zeugt von schmerzhaften Erinnerungen an eine düstere Vergangenheit unter dem Ceausescu-Regime und den Erfahrungen der deutschen Minderheit in dem Land. Erst 1987 beantragte Herta Müller zusammen mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner die Ausreise aus Rumänien. Sie lebt heute in Berlin.

Ihr gerade erschienener Roman atemschaukel berichtet von den Erfahrungen eines 17-jährigen Deutschen, der im Zweiten Weltkrieg von Russen aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion deportiert wird. atemschaukel steht auch auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis, der in der nächsten Woche auf der Frankfurter Buchmesse vergeben wird. Der Alltag in einem totalitären System ist Thema ihres Romans der fuchs war damals schon der jäger (1992). herztier (1994) beschreibt das Leben der Oppositionellen in Rumänien.

Müller erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Würth-Preis für Europäische Literatur und 2006 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis. Seit 1995 ist sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Mit Herta Müller würdigte die Schwedische Akademie zum 13. Mal seit ihrem Bestehen einen Vertreter der deutschsprachigen Literatur.

Genau vor 100 Jahren wurde mit Selma Lagerlöf die erste Frau überhaupt mit dem Preis ausgezeichnet. Zu den bisherigen Trägerinnen gehören unter anderem die Österreicherin Elfriede Jelinek, Toni Morrison, Nadine Gordimer und Pearl S. Buck. Im vergangenen Jahr hatte der Franzose Jean-Marie Gustave Le Clézio den Preis bekommen.

Der Literatur-Nobelpreis wird stets am 10. Dezember in Stockholm vergeben, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896). Die Auszeichnung ist aus der Stiftung von Nobel mit umgerechnet rund einer Million Euro dotiert. Die Urkunde wird von König Carl XVI. Gustaf in Schwedens Hauptstadt überreicht.