Jochen Thies erinnert wehmütig, aber ohne Groll an das Schicksal der Ostpreußen, das auch das seine ist. Der Verlust der alten Heimat machte ihnen die neue zur kalten Heimat
Jochen Thies

Welt am Sonntag • 20.09.2009

[…] Vor einigen Wochen besuchte ich meinen 92 Jahre alten Patenonkel in der Nähe von München, das letzte männliche Mitglied aus der ostpreußischen Elterngeneration. Bei der Begrüßung an der Gartenpforte sagte er leise: »Jungchen, es wird das letzte Mal sein, dass wir uns sehen.« Ich selbst werde am Ende dieses Monats als vermutlich einer der letzten gebürtigen Ostpreußen aus dem regulären deutschen Arbeitsleben ausscheiden. Stärker denn je spüre ich in diesen Tagen die Verpflichtung, darüber zu schreiben, was viele ältere Ostpreußen jahrzehntelang umgetrieben hat und auf der Schlussrunde ihres Lebens mehr denn je beschäftigt: das Schicksal einer doppelten Vertreibung. […]