Unter der neuen Leitung sollen erfolgreiche Projekte fortgeführt werden
Köln, 20.6.2003, 1150 GMT, DW-radio / Rumänisch
Seit gestern (19.06.) hat die Deutsch-Rumänische Gesellschaft in Berlin, eine der beiden großen Gesellschaften dieser Art in Deutschland, eine neue Führung. Auf der Mitgliederversammlung, die gestern Abend im Rumänischen Kulturinstitut »Titu Maiorescu« in Berlin stattfand, wurde der Hochschulprofessor Axel Azzola zum neuen Vorsitzenden der Gesellschaft gewählt. Azzola wurde 1937 in Otelul Rosu (Ferdinandsberg) im Banat in einer deutsch-jüdischen Familie geboren. Noch als Jugendlicher kam Azzola nach Deutschland. Nach Abschluss seines Jurastudiums an der Universität Heidelberg mit dem Doktortitel arbeitete Axel Azzola als Assistent bei einem Karlsruher Bundesverfassungsrichter. Zwischen 1972 und 1998 war Azzola Professor für Öffentliches Recht an der Technischen Universität Darmstadt. Hier war das Sozialrecht einer seiner Schwerpunkte. Im Herbst 1998 wurde er Staatssekretär im Sozialministerium von Mecklenburg-Vorpommern. Aus Gesundheitsgründen musste er dieses Amt Ende 2000 aufgeben. Seither ist er Pensionär. Dies erlaubte es ihm, sich für ein Amt in der Führung der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Obwohl Professor Azzola vor langem aus Rumänien ausgewandert ist, hat er die Verbindungen zu seinem Herkunftsland nie abgebrochen. (...)
Stipendien für rumänische Studenten, damit sie in Berlin studieren können; eine Partnerschaft zwischen einem rumänischen und einem Berliner Gymnasium; eine Zeitschrift zu rumänischen Themen; Studienfahrten in verschiedene Regionen Rumäniens; Veranstaltungen zu rumänisch-deutschen Themen. Dies sind nur einige Dinge, mit denen sich die Berliner Deutsch-Rumänische Gesellschaft seit ihrer Gründung im Jahre 1992 beschäftigt. Ihr Gründungsvater ist der inzwischen verstorbene Herbert Siebold, ehemaliger Deutschlehrer und Leiter der evangelischen Gesamtschule in Berlin-Neukölln.
Gegenwärtig hat die Deutsch-Rumänische Gesellschaft rund 130 Mitglieder in Deutschland, in Rumänien und in den Nachbarländern Deutschlands. Davon sind etwa 100 Deutsche, die übrigen Rumänen. Von den Deutschen stammt natürlich ein Teil aus Rumänien. 60 bis 70 Prozent der Mitglieder leben in Berlin und Brandenburg.
»Wir sind offen für jedermann«, betont der junge stellvertretende Vorsitzende Alexander Roth, von Beruf Staatsanwalt in Potsdam. Ihm zufolge sähe es die Deutsch-Rumänische Gesellschaft gern, wenn sie mehr rumänische Mitglieder hätte. Wie Roth berichtet, gibt es vergleichbare Gesellschaften auch in anderen deutschen Städten, zum Beispiel in Leipzig und in Jena, in Konstanz und in Hamburg. Von allen Gesellschaften seien die Hamburger und die Berliner die mitgliederstärksten.
Wie bereits erwähnt, ist das Stipendienprogramm eines der bedeutendsten Projekte, das die Berliner Deutsch-Rumänische Gesellschaft auf den Weg brachte. Es soll rumänischen Studenten – in der Regel sind es Germanistik-Studenten – ermöglichen, ein Semester an einer der angesehenen Berliner Universitäten zu studieren. In diesem Semester ist Ana Maria Vidrean Stipendiatin der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft. Die junge Frau studiert im vierten Jahr Germanistik an der Babes-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg). Durch einen Aushang in ihrer Fakultät wurde sie auf das Stipendium aufmerksam. Obwohl sie kurz vor dem Ende ihres Studiums und vor der Abschlussprüfung stand, wurde sie von ihrer Deutsch-Professorin ermuntert, sich um das Stipendium zu bewerben. Wie Ana Maria sagt, tut es ihr nicht leid, dass sie den Rat befolgte. »Natürlich habe ich lange hin und her überlegt, ob ich mich bewerben soll. Aber ich muss zugeben, dass meine Entscheidung richtig war. Ich habe hier vieles dazugelernt und werde bis zum Ende meines Aufenthalts wahrscheinlich noch mehr dazulernen. Ich denke nicht bloß an die Information und auch nicht bloß an das Mehr an Wissen, sondern auch an eine ganz andere Sache: Seit ich in Berlin bin, habe ich versucht, mir ein Bild davon zu machen, wie Rumänien in Deutschland von den Deutschen gesehen wird. Ebenso habe ich verfolgt, was es für Projekte gibt, die mit Rumänien oder mit rumänischen Themen zu tun haben.«
Wie die Stipendiaten der Vorjahre erhält auch Ana Maria von der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft ein Stipendium, mit dem sie alle notwendigen Ausgaben bestreitet. Das Stipendium schließt außerdem die Reisekosten und die Unterkunft ein. Ana Maria wohnt bei einer deutschen Familie, die sehr enge Beziehungen zur Deutsch-Rumänischen Gesellschaft hat. Studiengebühren muss sie für ihr Studium der Germanistik an der Freien Universität Berlin nicht bezahlen. Die einzige Gebühr, die anfällt, ist die Immatrikulationsgebühr. Diese Gebühr müssen aber auch deutsche Studenten bezahlen.
Ein anderes Projekt, das die Deutsch-Rumänische Gesellschaft auf den Weg brachte, ist die Partnerschaft zwischen dem George-Cosbuc-Gymnasium in Klausenburg und der evangelischen Gesamtschule in Berlin-Neukölln. Nach den Worten von Roth fährt jedes Jahr eine Berliner Klasse nach Klausenburg. Ein halbes Jahr später kommt dann eine Klausenburger Klasse nach Berlin. Der Aufenthalt dauert jedes Mal zwei Wochen. Die Schüler nehmen am Unterricht der Gastschule teil und wohnen bei ihren Klausenburger bzw. Berliner Gastgebern.