Deutsche Welle – Monitor Ost- / Südosteuropa, 06.06.2003
Köln, 6.6.2003, DW-Berlin, Cornelia Rabitz
Die Integration von Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen in Deutschland wird immer schwieriger. Das ist, knapp zusammengefaßt, die Feststellung des zuständigen Bundesbeauftragten Jochen Welt. Am Freitag (6.6.) ging Welt in Berlin vor die Presse. Cornelia Rabitz war dabei:
Zwar gingen die Zahlen der Spätaussiedler kontinuierlich zurück, doch gleichzeitig sei die Eingliederung der Betroffenen problematisch wie nie zuvor. Dies stellte Jochen Welt fest. Abhilfe könne nur das auf Eis liegende Zuwanderungsgesetz schaffen - dies aber werde von der Opposition blockiert.
Welt: Ohne ein Zuwanderungsgesetz ist die Aussiedlerintegration nicht mehr finanzierbar.
Grund für die zunehmenden Probleme seien vor allem fehlende Deutschkenntnisse. Die Bereitschaft zum Lernen sei trotz aller Förderangebote drastisch zurückgegangen. Seit Januar seien knapp 29000 Aussiedler eingereist – nur noch ein Fünftel von ihnen spreche deutsch. Die derzeitige Gesetzeslage reiche nicht mehr aus, findet Welt. Denn nur die Antragsteller selbst müssten Sprachkenntnisse nachweisen. Mitreisenden Angehörigen hingegen sei der Erwerb der deutschen Sprache freigestellt. Mit fatalen Folgen.
Welt: Wir haben 6100 im Mai – davon kamen fast 5000 ohne sprachliche Fähigkeiten nach Deutschland. Sie fallen sofort ins Sozialsystem. Da geht es nicht nur bei den Menschen um die Lasten, die sie zu tragen haben, sondern Städten und Gemeinden werden jeden Monat durch die Blockadepolitik der Union 5000 Menschen in die Sozialsysteme gedrückt – von der fehlenden Akzeptanz ganz abgesehen. Eine unzumutbare Situation!
Fehlgeschlagen sind offenbar auch besondere Angebote und Anreize. So werden Angehörige, die sich freiwillig einem Sprachtest unterziehen, mit der rascheren Bearbeitung ihres Ausreiseantrages belohnt. Ihr Anteil an der Gesamtgruppe der Aussiedler war immer schon gering und lag bei nicht einmal einem Prozent. Jetzt aber, so Jochen Welt, sei diese Zahl auf Null zurückgegangen.
Der Beauftragte forderte daher nachdrücklich mehr Bereitschaft der Betroffenen, schon vor ihrer Ausreise Deutsch zu lernen. Wenn Freiwilligkeit nicht zum Erfolg führe, müsse man auch über Verpflichtungen reden. Und er appellierte zugleich dringend an CDU und CSU, sich dem Zuwanderungskonsens nicht länger zu verweigern. Das vorliegende Gesetz verlange nämlich auch von mitreisenden Familienangehörigen ausreichende Sprachkenntnisse.
Welt hielt der Opposition vor, sie treibe die Kommunen in den Ruin und erweise mit ihrer Blockade auch den betroffenen Aussiedlern selbst einen Bärendienst. (lr)