„Nur eine Ungarndeutsche spielt bei uns“

Mit einem Festakt und dem Schauspiel „Tristan und Isolde“ feiert die Deutsche Bühne Ungarn in Szekszárd am Freitag um 19 Uhr ihr 20-jähriges Bestehen. Gunnar Erth, Chefredakteur der Budapester Zeitung, unterhielt sich mit Intendantin Zsuzsa Dávid über das Jubiläum und die Zukunft der Deutschen Bühne.

- Wie feiert die deutsche Bühne ihren 20. Geburtstag?

Mit einer Premiere und großem Protokoll. Wir erwarten rund 90 Gäste, es wird richtig eng in unserem kleinen Theater. „Tristan und Isolde“ ist unsere zweite Premiere in diesem Jahr, nach dem „Kleinen Prinzen“. Zu dem Festakt hat sich Kulturattache Jakob von Wagner von der Deutschen Botschaft angemeldet, auch Komitatspräsidentin Szilvia Kovács Frankné, Verwaltung-Staatssekretär Lajos Vass und Otto Heinek, Vorsitzender der Selbstverwaltung der Ungarndeutschen. Und auch Gäste aus Baden-Württemberg und Bautzen. Unser „Tristan“ ist ein Stück von Joseph Bedier und ist nicht mit Wagners Oper zu verwechseln.

- Wie hat die Deutsche Bühne vor 20 Jahren angefangen?

Als Amateurtruppe. Die erste Aufführung war ein Goethe-Abend, dann folgte ein Arthur-Schnitzler-Drama - alles im Kulturhaus. Seit 1994 spielen wir im eigenen Gebäude, einem umgebauten Kino im Jugendstil am Garay tér 4, das wir mit „Nathan der Weise“ eröffnet haben. Heute sind wir ein professionelles Theater mit 26 Angestellten, darunter allerdings nur drei Schauspieler. Insgesamt mit Gastschauspielern spielen bei uns ungefähr 15 Schauspieler. Wir haben auch deutsche Gastregisseure hier.

- Was waren Ihre größten Erfolge?

Während meiner Intendantenzeit sicher der „Urfaust“, den wir 1999 aufgeführt haben. Aber auch „Der kleine Prinz“ und „Das Katzenspiel“ von István Örkény waren große Erfolge. Es gab aber auch viele andere.

- Wie erfolgreich ist das Theater heute?

Wir hatten im vergangenen Jahr 18.974 Besucher in 124 Vorstellungen. Unser Saal, in den 80 Menschen passen, ist oft ausgebucht. Einmal im Monat spielen wir auch in Budapest - und wir gehen oft auf Tournee. Dabei füllen wir auch Säle mit mehreren hundert Besuchern. Am 6. Februar fahren wir nach Deutschland und treten mit unserem Brecht-Weill-Abend in Berlin und Dortmund auf. Im Mai zeigen wir den Brecht-Weill-Abend und „Tristan und Isolde“ in Baden-Württemberg. Noch im Mai geht es zu einem deutschsprachigen Theaterfestival nach Temeschwar.

- Was für Stücke haben Sie 2002/03 im Programm?

Wir haben eine klassische Saison. Neben dem „Kleinen Prinzen“ und „Tristan“ wird am 11. April unsere dritte Premiere die Mozart-Oper „Zaide“ sein. Dazu kommen vier weitere Stücke aus der vorigen Spielzeit.

- Wie viele Ungarndeutsche gibt es auf Ihrer Bühne?

Nur eine, die ist von Pécs extra nach Temeschwar gegangen, denn nur dort gibt es eine deutschsprachige Schauspielschule. Alle anderen Schauspieler sind Ungarn. Es ist ein echtes Problem, dass viele ungarische Schauspieler die deutsche Sprache nicht gut genug beherrschen, und die, die es können, arbeiten oft auf deutschsprachigem Gebiet - dort bekommen sie für die Hälfte der Arbeit fünf Mal so viel Geld. Ich würde mir wünschen, dass die ungarische Schauspiel-Akademie einen deutschsprachigen Kurs anbieten würde. Der Bedarf ist da.

- Wie finanzieren Sie sich?

Wir hatten 2002 ein Budget von 66.910 Millionen Forint. Leider wurden die Fördermittel in den letzten Jahren gekürzt - obwohl die Zuschauerzahl wächst. Wir benötigen mehr Geld, deshalb haben wir dieses Jahr erstmals statt vier nur drei Premieren. Unterstützung erhalten wir auch von der Donauschwäbischen Kulturstiftung Baden-Württembergs, der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, dem Szekszárder Deutschen Nationalitätenverein und dem Institut für Auslandsbeziehungen.

- Wie sehen die Finanzen in der nächsten Spielzeit aus?

Ich habe noch keine Ahnung. Das Komitat verabschiedet sein Budget erst Ende des Monats.

- Unterstützt die Wirtschaft Sie nicht?

Nein. Es gibt keine großen deutschen Firmen in unserem Komitat. Wir haben viele Unternehmen außerhalb des Komitats angesprochen, die haben kein Interesse. Audi unterstützt zum Beispiel lieber das Gyõrer Ballett, Audi hat ja seinen Sitz in Gyõr.

- Sehen sie das Deutsche Theater in Budapest als Konkurrenz?

Nein, wir ergänzen uns, jeder hat ein anderes Repertoire und einen anderen Kulturauftrag.

(Quelle: Budapester Zeitung, 20.01.2003. Die vorliegende Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Budapester Zeitung.)