Eine jüdische Familie – drei Generationen erzählen, wie sie nach Berlin kamen und wie sie hier leben. Und was es bedeutet, aus einer Kulturstadt zu stammen, die heute fast vergessen ist – Czernowitz
Uta Keseling

Berliner Morgenpost – Berliner Illustrirte Zeitung • 30.01.2005

[…] Nehmen Sie Anteil an den aktuellen Ereignissen in Ihrer Heimat?

Eduard Weissmann: Das verfolgen wir in den Medien. Es ist ja ein anderes Land, Czernowitz gehört heute zur Ukraine.
Gabriele Weissmann: Ich bin 1999 mit meiner Mutter dort gewesen. Sie wollte ihre Geburtsstadt noch einmal sehen. Erst damals ist mir Czernowitz wieder ins Bewusstsein gerückt. Es wurde einfacher, in die ehemaligen Ostblockstaaten zu reisen. Ich konnte meine Wurzeln bis dahin nie richtig verfolgen, selbst in Rumänien nicht. Wo sie gelebt haben, die Straßen, die Häuser … Czernowitz war mir auf einmal näher als England, obwohl ich dort immerhin acht Jahre gelebt habe. Aber dorthin sind wir aus Rumänien gekommen, wir kamen sozusagen aus einer lateinisch geprägten Sprachkultur und Mentalität. Unsere Muttersprache war Deutsch, und die Engländer wußten gar nicht, wo Rumänien liegt. […]