Der zum zweiten Mal verliehene Karl-Dedecius-Preis der Robert Bosch Stiftung für polnische und deutsche Übersetzer geht 2005 an Maria Przybyłowska und Dr. Olaf Kühl.
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Beide werden für herausragende Übersetzungen ausgezeichnet und für ihre Vermittlungsarbeit zwischen den Nachbarländern geehrt.

Die Preisträger waren von einer deutsch-polnischen Jury unter dem Ehrenvorsitz von Karl Dedecius vorgeschlagen worden.

Der Preis ist mit je 10.000 Euro dotiert und wird abwechselnd in Deutschland und Polen verliehen. Die diesjährige Preisverleihung veranstaltet das Deutsche Polen-Institut in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Kultur-Zentrum am 3. Juni 2005 in Krakau.

Dr. Olaf Kühl (geb. 1955) studierte slawische Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Osteuropäische Geschichte. In den letzten zwanzig Jahren legte er ein ebenso umfassendes wie gewichtiges übersetzerisches Œuvre vor. Dazu gehören Klassiker des 20. Jahrhunderts, allen voran Witold Gombrowicz, wichtige Autoren des 19. Jahrhunderts: Bolesław Prus, Henryk Sienkiewicz, Wacław Berent u.a., sowie Vertreter der zeitgenössischen Literatur von Adam Zagajewski über Andrzej Stasiuk bis zu Dorota Masłowska.

Neben den übersetzerischen Leistungen steht seine Vermittlertätigkeit zwischen der polnischen und der deutschen Kultur, die sich in Aufsätzen zu einzelnen Autoren, in Nachworten und Kommentaren und in seiner Tätigkeit als Herausgeber zeigt. Olaf Kühl hat immer wieder neue polnische Autoren, die zu den interessantesten Stimmen ihrer Generation zählen, für den deutschen Leser erschlossen, allen voran Andrzej Stasiuk, dessen Bücher er zum ersten Mal ins Deutsche übertragen hat. Mit Dorota Masłowskas Schneeweiß und Russenrot ist es ihm 2004 gelungen, einen in Polen ebenso erfolgreichen wie umstrittenen Text auf dem deutschen Buchmarkt bestens zu plazieren.

Maria Przybyłowska (geb. 1946) studierte Germanistik in Warschau und Leipzig, arbeitete als Dolmetscherin und Fachübersetzerin in einer Presseagentur, im Rundfunk und an Forschungsinstituten. Mehrere Jahre war sie als Lektorin im Warschauer Verlag Czytelnik tätig. Seit mehr als 30 Jahren übersetzt sie aus dem Deutschen, hauptsächlich in den Bereichen Belletristik, Sachbuch und Kinderliteratur. Der polnische Leser verdankt ihren Übersetzungen die Kenntnis der Werke von Elias Canetti, Horst Bienek (Die erste Polka), Siegfried Lenz (Heimatmuseum), Robert Menasse u.a.

Eine besondere Rolle in ihrem Werk spielen Bücher von Elias Canetti. In ihrer Übersetzung erschienen bereits Die gerettete Zunge (poln. Ausgabe 1981), Fackel im Ohr (1988), Das Augenspiel (1991), Masse und Macht (1996), Die Provinz des Menschen (1996), Das Gewissen der Worte (1999). In Vorbereitung sind: Das Geheimherz der Uhr und Party im Blitz. Przybyłowska verfügt über eine bei Übersetzern nicht alltägliche Tugend: ein schöpferisches Verhältnis zur Muttersprache. Während sie von der eng verstandenen Sprachkorrektheit Abstand hält, sucht sie nach unkonventionellen Lösungen, wodurch sie mutig den Bestand der polnischen Sprache bereichert. Sie erfand für Canettis Stil ein eigenes Sprachidiom auf Polnisch, das der Größe seines literarischen Schaffens gerecht wird.

Medienpartner: Rzeczpospolita, Tygodnik Powszechny, Magazyn Literacki Książki, Polskie Radio 2