Deutsche Welle • Monitor Ost- / Südosteuropa • 02.12.2004
Warschau, 02.12.2004, Gazeta Wyborcza, poln.
Die Gespräche in Warschau sollten sich eigentlich auf die bilateralen deutsch- polnischen Beziehungen konzentrieren. Sie glitten jedoch immer wieder auf die Probleme der Ukraine ab. Dabei erwies es sich, dass alle Teilnehmer – unabhängig von der Nationalität und der Parteizugehörigkeit – eine ähnliche Meinung zu diesem Thema vertreten und der Ansicht sind, dass sich die Europäische Union im Osten Europas engagieren und der Ukraine helfen sollte.
Die Deutschen lobten den Einsatz von Präsident Aleksander Kwasniewski in der Ukraine. Marek Borowski von der Partei Polnische Sozialdemokratie appellierte an den deutschen Bundeskanzler, Gerhard Schröder, seine guten Beziehungen zu dem russischen Präsidenten Putin dazu zu benutzen, mit ihm ein ernstes Gespräch über die Ukraine zu führen: »Man darf kein Land opfern, um gute Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten«, sagte Marek Borowski. Nur der Abgeordnete der Bauernpartei »Samoobrona«, Marian Curylo, sagte, dass wir uns in die Angelegenheiten der Ukraine nicht einmischen sollten.
Die Abgeordneten diskutierten jedoch auch über die Forderungen der deutschen Vertriebenen, über die Entstehung des Zentrums gegen Vertreibungen und über den Beschluss des Sejms über Reparationsforderungen Polens. Außerdem wurde auch über das deutsche Gesetz gesprochen, in dem die Aussiedlung von Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als widerrechtlich bezeichnet wird.
Die deutschen Abgeordneten reagierten ohne Enthusiasmus auf den polnischen Vorschlag, den Artikel 116 aus der deutschen Verfassung herauszunehmen, nach dem alle Personen, die in Deutschland in den Grenzen von 1937 geboren wurden, als deutsche Staatsbürger anerkannt werden.
Die deutschen Abgeordneten versuchten wiederum uns dazu zu bewegen, in die Zukunft und nicht nur in die Vergangenheit zu schauen und bagatellisierten die Ängste, die durch die Aktivitäten der Preußischen Treuhand GmbH unter den Polen hervorgerufen wurden.
Der Bundestagsabgeordnete Volker Rühe schlug vor, solche Treffen der Parlamentarier regelmäßig und nicht nur in Krisensituationen zu veranstalten. Marek Borowski hingegen rief den polnischen Sejm und den deutschen Bundestag dazu auf, einen gemeinsamen Beschluss über die Forderungen zu verabschieden, die sich auf den Zweiten Weltkrieg beziehen. (sta)
- »Die gemeinsame Einstellung zu den Problemen in der Ukraine kann uns helfen, die polnisch-deutschen Unstimmigkeiten zu beseitigen«
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