Deutsche Welle • Monitor Ost- / Südosteuropa • 05.07.2004
Bonn, 2.7.2004, DW-RADIO
Seit dem Sommer 1998 arbeiten junge deutsche und polnische Arbeitslose gemeinsam an der Pflege des Fürst Pückler Parks in Bad Muskau und im polnischen Łeknica. Das Projekt wird von den regionalen deutschen und polnischen Arbeitsämtern, der Stiftung »Pückler Park«, dem polnischen »Zentrum zum Schutz der Historischen Landschaften« und der Stadtverwaltung Łeknica unterstützt. Jetzt wurde es als deutsch-polnischer Gemeinschaftsantrag vom derzeit in China tagenden Welterbekomitee in die UNESC0 Liste als Weltkulturerbe aufgenommen. Alexandra Jarecka hat den Fürst Pückler Park besucht.
Der »Fürst Pückler Park« erstreckt sich auf ca.300 ha an der deutsch-polnischen Grenze, zwischen Bad Muskau und Łeknica. Gegründet von Hermann Fürst von Pückler-Muskau Anfang des 19. Jahrhunderts, gehört der Park heute zu zwei Dritteln Polen und zu einem Drittel Deutschland. Während die deutsche Seite des Parks gut erhalten ist, ist der polnische Teil ziemlich verwahrlost und verwildert – hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen. Schade, denn der Park gilt als Juwel einer beispielhaften Gartenarchitektur. Seit fast fünf Jahren arbeiten das »Zentrum zum Schutz der Historischen Landschaften« und die Stiftung »Pückler Park« an der Wiederherstellung des Parks nach historischem Vorbild. Ziel ist es, den Park als ein Stück Weltkulturerbe auf die Liste der UNESCO zu setzen. Gleichzeitig ist das Projekt auch ein Stück Sozialarbeit: deutsche und polnische arbeitslose Jugendliche arbeiten hier unter dem Motto: »Arbeiten und lernen über Grenzen« zusammen. Dazu Cord Panning, Parkdirektor und Geschäftsführer der Stiftung Fürst Pückler: »Jetzt in dieser Zeit passt das so wunderbar. Es gab die politische Wende, die Öffnung der Grenzen, Europa wächst wieder zusammen, und genau an dieser Nahtstelle liegt nun ausgerechnet der Muskauer Park und bietet damit alle Voraussetzungen für ein Vorzeigeprojekt. Also, wir profitieren in großem Maße davon, ansonsten würde es in dieser kleinen Stadt mit 4000 Einwohnern ein derartiges Park-Projekt nie und nimmer geben.«
Insgesamt 90 junge deutsche und polnische Arbeitslose haben in den vergangenen Jahren im Pückler Park gearbeitet. Gerade läuft die sechste ABM-Runde, an der jeweils 10 Polen und 10 Deutsche teilnehmen. Sie dauert ein Jahr. Sie arbeiten im dreimonatigen Rhythmus – mal auf der polnischen, mal auf der deutschen Seite. Obwohl die Arbeit im Park sehr hart ist, bewerben sich um jeden Platz mindestens neun Leute. Sinn der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist auch, Verständnis für den Kollegen aus dem Nachbarland zu wecken, sich kennen zu lernen, doch das Zusammenwachsen beider Gruppen ist ein langwieriger Prozess, nicht zuletzt wegen der Sprachschwierigkeiten. »Einige von uns sprechen ein bisschen deutsch. Bevor wir im Park anfingen, haben wir einen Sprachkurs gemacht, aber hauptsächlich haben wir verschiedene Sprachbegriffe wie Schaufel, Schippe, usw. gelernt,« erzählt der Pole Sylwek. Sein deutscher Kollege, Michael aus Weißwasser, lobt seinen polnischen Kameraden: »Die Polen sind besser als wir, sage ich ganz ehrlich. Wir haben drei Monate einen Crashkurs besucht, um Polnisch zu lernen, aber die Polen bemühen sich mehr, Deutsch zu lernen als wir Polnisch, sage ich mal.«
Der Sprachkurs hat jedoch weniger zur persönlichen Verständigung beigetragen, als sie es sich erhofft hätten, erklärten andere ABM-Teilnehmer : »Es wurde kein Satzbau auf Polnisch gelehrt, wie zum Beispiel: ›Wir treffen uns mit Kumpels und gehen mal dort hin.‹ Es war bloß: eine Schubkarre, Betonmischung, die Bäume wurden auf Polnisch gelernt, mehr nicht. Am Anfang musste man sich vorstellen: Wie heißt du? Wo wohnst du?, ob du Kinder hast, ob du verheiratet bist, was du als Beruf gelernt hast. Das war alles, was man sich merken konnte.«
Sowohl die Sprachkurse als auch die praktische Ausbildung werden von der Stiftung »Pückler Park« finanziert, die auch Arbeitskleidung und Geräte zur Verfügung stellt. Die Gehälter werden von den zuständigen Arbeitsämtern bezahlt: dem deutschen Arbeitsamt in Weißwasser sowie dem polnischen in Żary (Sorau). Die deutsch-polnische Zusammenarbeit im Park hat sich bewährt und sich anscheinend als ansteckend erwiesen. Die Bürgermeister von Bad Muskau und Łeknica treffen sich mittlerweile regelmäßig, und auch die örtlichen Feuerwehren und Schulen arbeiten zusammen. Nur die ABM-Teilnehmer sind dem Nachbarland gegenüber weiter sehr skeptisch – auf jeden Fall auf der deutschen Seite der Grenze. Alex besuchte nur einmal Polens Hauptstadt Warschau. Von der Grenzregion hält er überhaupt nichts: »So ein Grenzgebiet sieht nach gar nichts aus. Schon wenn ich hinfahre, über den Markt gehe, das sieht wirklich nach nichts aus. Da glaubt man nicht, dass da irgendwo der Pückler Park ist, wenn man nicht wüsste, dass es ihn auf der polnischen Seite gibt. Ansonsten würdest du denken, das ist ein armes Land.«
Mittlerweile plant die Stiftung »Pückler Park« zusammen mit dem Zentrum zum Schutz der Historischen Landschaft in Warschau die Gründung der »Muskauer Schule«. Diese Ausbildungsstätte für Gärtner mit einer Spezialisierung auf historische Parkanlagen soll an die Zeit und die Tradition des Fürsten Pücklers anknüpfen und auf den Erfahrungen in dem jetzigen Projekt aufbauen.
Der Park wurde am 02.07.2004 als Weltkulturerbe in die UNESCO-Liste aufgenommen. (TS)
- »Arbeiten und lernen über Grenzen«
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