Görlitz – Zgorzelec 1933–2011
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Pietsch, Martina (Hrsg.): lebenswege ins ungewisse, Begleitband zur Ausstellung im Schlesischen Museum zu Görlitz, 2011, 152 Seiten, € 21,80, ISBN: 978-3-9813510-5-7

»Görlitz wird gerühmt für seinen Reichtum an Architekturdenkmälern, doch das Stadtbild verweist gleichermaßen auf eine essentielle Zäsur in der Geschichte des Ortes: Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurde die Neiße zur Scheidelinie, die die Stadt in einen deutschen und einen polnischen Teil spaltete. Am westlichen Ufer suchten Tausende deutsche Flüchtlinge und Vertriebene Zuflucht, auf der östlichen Seite entspross mit polnischen und griechischen Ansiedlern eine völlig neue Stadtgesellschaft. Menschen beiderseits des Grenzflusses mussten den Verlust ihrer Heimat und einen Neubeginn voller Not und Ungewissheit verwinden. Wenn sie von ihrem Schicksal erzählen, ob auf Deutsch oder Polnisch, erscheinen Görlitz und Zgorzelec als zentrale Orte. Hier liegen Anfang und Ende der Wege, Orientierungs- und Grenzpunkt der Lebenspläne. In der Doppelstadt verknüpfen sich Einzelschicksale und nationale Geschichtsbilder zu einer Geschichte.

Das Schlesische Museum zu Görlitz hat diese Zäsur der Stadtgeschichte als wichtiges Thema in seine Tätigkeit aufgenommen. Wir möchten die Lebenswege der Menschen auf beiden Seiten der Neiße erkunden und ihre Erzählungen zusammenführen. Ein wesentlicher Impuls dafür, eine Ausstellung und ein Buch zu erarbeiten, ging von dem Vorhaben der 3. Sächsischen Landesausstellung via regia – 800 jahre bewegung und begegnung (21. Mai 2011 bis 31. Oktober 2011 in Görlitz) aus. Das zentrale Motiv der Landesschau, die Mobilität der Menschen über Jahrhunderte hinweg, wurde vom Schlesischen Museum aufgegriffen und für die Lebenszeit von drei Generationen in Görlitz-Zgorzelec betrachtet. Es entstanden eine multimediale Ausstellung und dieser Begleitband, der ebenso als Erzählband bezeichnet werden kann. Denn das Herz beider Werke unter dem Titel lebenswege ins ungewisse bilden biografische Erzählungen der Menschen, deren Leben mit Görlitz und Zgorzelec zwischen 1933 und 2011 verknüpft war und ist. In Kooperation mit dem Muzeum Łużyckie (Lausitz-Museum) in Zgorzelec haben wir uns auf den Weg zu ihnen gemacht und dabei das Leben in beiden Teilen der Stadt in seiner Genese und Gegenwart neu entdeckt. [...]«
(Quelle: aus der Einleitung des Begleitbands lebenswege ins ungewisse von Martina Pietsch)