Aus der Reihe: Geschichte und Zeitgeschichte
»Der Zusammenbruch des Kommunismus in den Ländern des europäischen Ostens markiert einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung der betroffenen Gesellschaften. Als die verkrusteten Strukturen des Regimes 1989/1990 vom ländlichen Raum abfielen, beeinflussten ihn die Auswirkungen der Moderne viel unmittelbarer als im westlichen Europa, das sich innerhalb einer Generation allmählich auf die Auswirkungen der Globalisierung einstellen konnte. Der Aufprall der modernen Wirtschafts- und Sozialstrukturen auf den ländlichen Raum Rumäniens seit den 1990er Jahren trifft Gesellschaften und Ökonomien, die nicht darauf vorbereitet worden sind, ganz gravierend.
Die Folgen des Zweiten Weltkriegs und des kommunistischen Regimes wirkten jedoch nicht weniger einschneidend auf die bäuerlichen Lebenswelten im rumänischen Banat, da sie weit über die Umgestaltung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgingen. Die multiethnische Zusammensetzung des Banats und das Zusammenleben der Rumänen, Ungarn, Deutschen und Südslawen wurden nach 1944 durch Deportationen in die Sowjetunion und ein paar Jahre später in die südrumänische Bărăgan-Steppe sowie durch die Aussiedlung der Deutschen in die Bundesrepublik Deutschland so nachhaltig verändert, wie seit der Neubesiedlung des Banats im 18. Jahrhundert nicht mehr. Parallel zur alten bäuerlichen Welt verschwand zu großen Teilen auch die mehrsprachige Welt des Banats, teils in sichtbaren Schüben, teils schleichend und kaum vernehmbar. Die persönlichen Begegnungen einer Forschergruppe mit den Menschen im rumänischen Banat in den Jahren 2003 und 2004 haben zu der Einsicht geführt, dass die versinkende Welt der Banater Bauern wenigstens auszugsweise in Text und Bild gebannt werden sollte, ehe es zu spät ist.
Die Erinnerungen der befragten Menschen, aus denen ihre früheren Lebensumstände rekonstruiert werden, sind in diesem Band zum Gegenstand wissenschaftlicher Aufmerksamkeit geworden. Aber auch diejenigen, die sich nicht wissenschaftlich mit diesem Raum beschäftigt haben, in dem sich rumänische, ungarische, deutsche oder südslawische Kultur in so einzigartiger Weise verbinden und überlagern, soll der Band dazu einladen, in die ländliche Welt des Banats einzutauchen und mitzuerleben, wie das historische Banater Dorf in den Erzählungen wiederaufersteht.
Aus dem Inhalt
Gute und schlechte Zeiten; Familie, Haus und Hof; Perspektiven der Geschlechter; Interethnische Seitenblicke; Blicke von den Bergen; Dorf und Außenwelt; Dorftradition neben und mit dem Sozialismus.«
(Quelle: ikgs Verlag)
- Harald Heppner: Das Dort im Kopf. Erinnerungen aus dem rumänischen Banat
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