Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen e.V.,Marburg (Lahn) – Erinnerung undBiographie der Deutschenaus Polen 4.
»Diese Aufzeichnungen sind kein Roman. Sie schildern vielmehr wahre Begebenheiten, Erlebnisse und Beobachtungen aus meiner Kinder- und Jugendzeit, Erinnerungen, die ich so wahrheitsgetreu berichten möchte, wie es mir eben möglich ist.
Dieser Bericht soll das fortsetzen, was meine Mutter und Großmutter mündlich weitergegeben haben – und vor ihnen viele Mütter und Großmütter, nämlich davon erzählen, wie es früher einmal war.
Die Kinder meiner Generation hatten noch oft Gelegenheit diesen Erzählungen zuzuhören, abends in der Dämmerstunde, an düsteren Regen- oder Wintertagen, wenn das Tageslicht für die Arbeit nicht reichte, oder an lauen Sommerabenden auf der Bank vor der Haustüre.
Aus diesen Erzählungen bekamen wir eine gute Vorstellung vom Leben unserer Vorfahren, von ihren großen Sorgen und Nöten, aber auch von der Fähigkeit, diese zu überwinden. Wir bekamen ein Bild von ihrem Fleiß, von ihrer Beharrlichkeit und von ihrem Mut, aber auch von ihrer Lebensfreude, die sich in den verschiedenen Bräuchen und Festen äußerte.
Die Zeiten haben sich geändert. Für die Geschichten der Großmütter besteht kaum noch Bedarf. Die Medien haben es übernommen, für Unterhaltung und Information zu sorgen.
Meine Kinder- und Jugendjahre waren geprägt durch die Kriegs- und die Nachkriegszeit, durch eine Epoche, die man zu Recht als die schrecklichste des vergangenen Jahrhunderts bezeichnet. Nach Jahrzehnten und in der Rückschau kommt sie mir nun nicht mehr so schrecklich vor, wie sie es tatsächlich war. Der zeitliche Abstand hat die Erinnerung an Hunger, Todesangst und Not verblassen lassen. Die erlittenen Schmerzen und Qualen kann ich nicht mehr nachempfinden, was übrig blieb, ist die Erinnerung an eine sehr bewegte, von Erlebnissen randvoll ausgefüllte und turbulente Zeit, die ich mir aus meinem Leben nicht mehr wegdenken kann.«
(Aus dem Vorwort)
Lättgen, Ottilia: Aus der alten Heimat Galizien in den Westen Deutschlands. Erinnerungen. 286 S. Herne: Stiftung martin-opitz-Bibliothek, 2006. ISBN 3-9293371-31-4. Schutzgebühr € [D] 24,00