Proben aus der ukrainischen Literatur des 19. unddes 20. Jahrhunderts über Wien und die Wiener Alltagskultur
»… Zwei Monate war er weder hier noch in Galizien gewesen, weil er auf Kur war. Was ihm fehlte, konnten sogar die angesehensten Ärzte nicht feststellen, und so nannten sie es bloß eine allgemeine Nervosität; dafür nannten böswillige Kollegen des Herrn Abgeordneten sein Leiden ein gewöhnliche Faulheit, in deren Folge die Dummheit seinen Kopf angegriffen habe. Die Wahrheit musste wohl in der Mitte liegen, denn wir wissen, dass ein echter Ukrainer aus Nervosität faul und aus Faulheit nervös werden kann. Es ist in diesem Falle also äußerst schwierig, Ursache und Wirkung voneinander zu unterscheiden, also ist hier Vorsicht angebracht, um einem Menschen nicht unrecht zu tun. …«Der Band Versperrte Tore. Ukrainische Autoren und Wien versammelt Proben aus der ukrainischen Literatur des 19. und des 20. Jahrhunderts, die sich mit Wien und der Wiener Alltagskultur beschäftigen. In ihnen klingt Sympathie für die Stadt ebenso an wie Distanz und das Gefühl, letztlich vor »verschlossenen Toren« zu stehen. Gedichte, Essays und Erzählungen aus Galizien und der Ostukraine eröffnen so einen neuen Blick auf eine wenig bekannte europäische Literatur.Osyp Makowej (1867–1925) aus der Erzählung Ein dankbarer Wähler, übersetzt von Stefan Simonek
Mit Texten von Osyp Juri Fedkowytsch, Iwan Franko, Lesja Ukrajinka, Marko Tscheremschyna, Sylwestr Jarytschewsky, Denys Lukijanowytsch, Osyp Makowej, Petro Karmansky, Oleksandr Oles, Spyrydon Tscherkasenko, Ostap Hryzaj, Iwan Kruschelnyzky, Mychajlo Orest, Tymofi Hawryliw und Serhi Schadan.
Die Übersetzungen stanmen von Rolf Göbner, Anna-Halja Horbatsch, Alexander Kratochvil und unseren Wiener Kollegen Michael Moser, Stefan Simonek, Maria Weissenböck und Alois Woldan.
Simonek, Stefan (Hg.): Versperrte Tore. Ukrainische Autoren und Wien. 124 S. Passau: Karl Stutz, 2006. Ca. € [D] 14,90. ISBN 3-88849-092-8