Kulturkampf unter dem Doppeladler: Die Ukraine vor den Wahlen
Gerhard Gnauck

Die Welt • 29.10.2004

[…] In der Ukraine haben Wahlkämpfe es so an sich, dass Galizien und die Bukowina, die einst zur Donaumonarchie gehörten, noch sehnsuchtsvoller als sonst nach Westen schauen, während im Donezk-Revier und auf der Krim die Herzen heftiger für den Nachbarn im Norden schlagen: für Russland. Die wichtigste politische Demarkationslinie in Europa, der »samtene Vorhang« namens EU-Außengrenze, ist an der Westgrenze der Ukraine niedergegangen, am Bug. Doch die Kulturgrenze verläuft durch das Land selbst, das teils griechisch-katholisch und mitteleuropäisch, teils orthodox und sowjetisch geprägt ist, das nach Ost und West zugleich blickt, wie einst der habsburgische Doppeladler. […]