Editorial
»Pars pro toto«
ist der lateinische Begriff, wenn ein Teil für etwas Ganzes steht. Das dient uns in der Redaktion als Richtschnur bei der Gestaltung des Titelbildes. Es soll für das ganze Heftthema stehen, und dafür schicken wir schon mal Fotografen in die Regionen los, lassen selbst auch mal eine Drohne steigen oder fahnden in den einschlägigen Fotoagenturen nach passenden Motiven. Dem Ganzen geht die Diskussion voran, wie wir einen Schwerpunkt darstellen können, also welches Bild selbsterklärend für unser Schwerpunktthema steht. Beim Thema »Siebenbürgen« fiel recht schnell das Stichwort »Kirchenburg«. Sind diese doch so typisch für die »terra ultra silvam« (das Land jenseits des Waldes), wie Siebenbürgen im mittelalterlichen Latein hieß.
Doch damit kam das nächste Problem: Welche der rund 160 Kirchenburgen sollten wir auswählen? Wir beantworten die Frage auf unsere Art. Statt »irgendeiner« Kirchenburgen-Ansicht, die die typischen Wehrmauern, das Kirchenschiff und die Türme zeigt, gehen wir in eine hinein: nach Honigberg/Hărman. Der Wehrturm diente vor und zeitweilig noch nach der Reformation als Kapelle und diese war – wie auf dem Titelbild zu sehen – bis zur Gewölbedecke mit Fresken ausgemalt. Eine faszinierende, aber dennoch für ganz Siebenbürgen stehende Darstellung, wie wir finden.
Nun vom Titel »hinein« ins Heft. Für die Siebenbürgen- Ausgabe haben wir unsere Autorin Elise Wilk nach Katzendorf/Cața geschickt, wo es einen einzigartigen Literaturpreis gibt. Die Journalistin Annett Müller-Heinze war für die KK in Hermannstadt/Sibiu am Samuelvon- Brukenthal-Gymnasium, und wie schon der Titel des Beitrags verrät, gibt es dort einen »Deutschboom« trotz Lehrermangels. Die gleiche Schule war vor 100 Jahren Austragungsort des ersten Handballspiels in Rumänien. Beatrice Ungar, Redakteurin der Hermannstädter Zeitung, blickt auf diese Geschichte zurück. Von der »Sehnsucht Siebenbürgen« schreibt Ana Nedelea, Journalistin bei Radio Romania International. Von den einst Hunderttausenden Rumäniendeutschen verließen in den letzten Jahrzehnten zwar die meisten ihre Heimat, so dass nur noch rund 30 000 Deutschsprachige in Rumänien leben. Einige der nach Deutschland ausgewanderten Siebenbürger Sachsen kehrten aber zurück und siedelten sich wieder in Siebenbürgen an.
Zum Leben der Siebenbürger Sachsen in Rumänien befragte KK-Redakteurin Renate Zöller Thomas Șindilariu, der sich in der rumänischen Regierung für die Belange der Minderheiten einsetzt. Abseits vom Schwerpunktthema beschreibt der Historiker Stefan Zwicker den Bedeutungswandel nationaler Identitäten in den böhmischen Ländern. Auch möchten wir Ihnen unsere Rezensionen ans Herz legen, so haben wir für Sie Bücher u. a. von der litauischen Autorin Undinė Radzevičiūtė gelesen und waren im Dokumentationszentrum.
Inhalt
Im Fokus
Momente
Die Katze mit der Feder
Ein kleines Dorf in Siebenbürgen vergibt einen einmaligen Literaturpreis samt Schreibstipendium
Von Elise Wilk
Perspektiven
Sehnsucht nach Siebenbürgen
Lange Jahre reisten Siebenbürger Sachsen nach Deutschland aus – mittlerweile kehren einige von ihnen wieder zurück
Von Ana Nedelea
Neuigkeiten
Momente II
Schwieriges Verhältnis
Nationale Identitäten, ihre Bedeutung, deren Wandel und Wechsel in den böhmischen Ländern
Von Stefan Zwicker
Im Gespräch
»In Europa gehen die Schubladen nicht zu«
Interview mit Thomas Șindilariu
Von Renate Zöller
Rezensionen
Kampf mit offenem Visier
Undinė Radzevičiūtė: Das Blut ist blau
Von Susanne Krause
Was lange währt
Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung im Deutschlandhaus
Von Markus Nowak
»Kaiser, welches ist Ihro Diagnose fürs 21. Jahrhundert?«
Monika Czernin: Der Kaiser reist inkognito. Joseph II. und das Europa der Aufklärung
Von Ingeborg Szöllösi
Epochen I
»Schöne und moderne Spielweise«
Vor hundert Jahren fand das erste Handballspiel in Rumänien statt – ausgetragen von der Brukenthalschule in Hermannstadt/Sibiu
Von Beatrice Ungar
Epochen II
»Deutschboom« trotz Lehrermangels
Die Schulen der deutschen Minderheit in Rumänien haben mehr Bewerber als sie unterrichten können
Von Annett Müller-Heinze
Veranstaltungen
Fundstück