Für die Porträtserie »Casa Mare« begab sich Frank Gaudlitz erneut nach Südosteuropa
Volker Oelschläger

Märkische Allgemeine Zeitung • 21.08.2009

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der märkischen allgemeinen zeitung.

Potsdam | Nauener Vorstadt. Mensch und Landschaft sind die Koordinaten einer zwischen 2003 und 2005 entstandenen Porträtserie warten auf europa – begegnungen an der donau die das Lebensgefühl einer scheinbar in sich ruhenden Welt am Rande der Globalisierung bannt. Für seine zweite große Fotodokumentation über die im Rückzug begriffene Lebenskultur Südosteuropas ging der Potsdamer Fotograf Frank Gaudlitz noch mehr in die Tiefe. Auf ausgedehnten Reisen durch Moldawien, Rumänien, Ungarn und Serbien bat er zwischen 2006 und 2008 hunderte Menschen um die Möglichkeit, sie in ihrer besten Kleidung in ihrem Wohnzimmer, ihrer guten Stube, in der besten Ecke ihrer Wohnung fotografieren zu dürfen.

casa mare – der große raum ist der Titel des neuen, vom Kulturforum östliches Europa herausgegebenen Bildbandes, der im November in den Handel kommen soll. Die Fotografien stehen für sich. Beigefügt sind Name, Alter, der Ort, das Land und das Jahr der Aufnahme, manchmal die Ethnie. Zu vielen der Porträtierten fand der Fotograf nach Gesprächen mit den Bürgermeistern der Orte, denen er sagte, was er suchte: Menschen verschiedener Ethnien und Nationalitäten, unterschiedlicher sozialer Schichten.

Unter den Abgebildeten gibt es Menschen, die in unermesslichem Wohlstand Paläste mit dutzenden von Räumen bewohnen, und Menschen in bitterster Armut, Familien, die sich einen einzigen Raum zum Leben teilen. Manche der Porträtierten sprachen der Fotograf oder seine Dolmetscher einfach auf der Straße an, weil sie auffielen. Wie jenen Geographielehrer in Moldawien, der sich erst sträubte, dann aber nach Vermittlung seiner Tochter bereit war, in seinem mit Ornamenten geschmückten Wohnzimmer für die Kamera zu posieren.

Die Fotografien für den Bildband und die dazu geplante Wanderausstellung kamen nach harter Auslese zusammen. Auf einer dreiwöchigen Reise entstehen, so berichtet Gaudlitz, vielleicht 100 bis 150 Porträtaufnahmen, von denen nach erster Auswahl 30 Bilder übrig bleiben, von denen letztlich die Hälfte ins Buch und in die Ausstellung gelangt. Alle haben gemein, dass die Abgebildeten ganz bei sich sind in einer Welt, die noch nicht von Ikea erobert wurde, zumeist jedenfalls. Obwohl das Nahen des westlich geprägten Europas spürbar ist. Je mehr Geld, je größer der Wohlstand, desto größer sei auch das Misstrauen gegenüber Fremden. Je mehr die Länder und die Menschen sich als Teil der Europäischen Union empfänden, desto schwerer sei es, diese Art von Fotos zu machen.



  • Frank Gaudlitz: casa mare – der große raum, 160 Seiten, ca. 74 Abbildungen, 35 Euro, ISBN 978-3-7757-24920
  • Ausstellung ab 6. November 2009 in der Cottbuser Galerie Haus 23, Marienstraße 23.