Zeugnisse deutschbaltischer Kultur im Seitenflügel des Caputher Schlosses
Heinz Helwig
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Das Gut in Alatskivi. Beim Bau seiner Herrenhäusewr ließ sich der deutschbaltische Adel von westeuropäischer Architektur leiten.

Märkische Allgemeine Zeitung • 18.08.2006

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Märkischen Allgemeinen Zeitung.

In kaum einem anderen europäischen Land konnte der Adel seine Macht so lange erhalten wie in dem Gebiet der heutigen Republiken Estland und Lettland. Zuvor weitestgehend heidnisch, wurde das Land im 13. Jahrhundert von deutschen Ordensrittern erobert. Die deutschbaltische Ritterschaft bildete bis zum Ersten Weltkrieg in den deutschen Ostseeprovinzen des Russischen Reiches die politische und wirtschaftliche Führungsschicht. Sie hatte eine deutsche Selbstverwaltung, ein deutsches Gerichtswesen sowie eine evangelisch-lutherischer Landeskirche. Die Herrensitze - Gutsanlagen mit Wirtschaftsgebäuden, Mühlen, Brennereien, Parks und vor allem dem Herrenhaus - waren Ausdruck dieser adeligen Macht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden im heutigen Estland 874 Privat- oder Rittergüter gezählt.

Der Geschichte dieser Gutshöfe hat sich der estnische Kunsthistoriker Ants Hein in jahrelanger Arbeit angenommen. Im Auftrag des Eesti Institutes in Tallinn konzipierte er im Jahre 2003 die Wanderausstellung Das Estland der Gutshöfe – Zeugnisse deutschbaltischer Kultur, die eigens für ein deutsches Publikum zusammengestellt wurde. Nach einigen Großstädten im Bundesgebiet sind etwa 30 Tafeln dieser Schau nun auch vom 19. August bis zum 15. Oktober im westlichen Erweiterungsflügel des Caputher Schlosses zu sehen. »Einen passenderen Ort hätte die Fotoausstellung mit den Gutshöfen wohl auch nicht finden können«, meint Petra Reichelt, Kastellanin in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin Brandenburg, die die Exposition gemeinsam mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa in Potsdam organisiert hat.

Dort wird am 6. September um 19 Uhr im Alten Rathaus am Alten Markt Ulrike Plath begleitend zu dieser Ausstellung über den »deutschbaltischen Adel in der russischen Provinz Estland und in Nordirland« sprechen. Am selben Veranstaltungsort zeigt auch Andreas Fülberth am 14. September um 19 Uhr »Die Gutshäuser Estlands« als »Abbild zweier Jahrhunderte europäischer Architekturgeschichte«.

Beim Bau seiner Herrenhäuser orientierte sich der deutschbaltische Adel meist an der westeuropäischen Architektur der jeweiligen Epoche, die ihm von Reisen ins Ausland her bekannt waren. Aber auch russische Einflüsse lassen sich an den Höfen wiederfinden. »Die Ausstellung will auf Gemeinsamkeiten in der deutsch-estnischen Geschichte aufmerksam machen. Vielleicht animiert sie einige Besucher, sich einmal das Original anzusehen«, sagt Claudia Tutsch vom Deutschen Kulturforum östliches Europa. Die Gutshöfe könnten besichtigt werden, wenn sie nicht in Privatbesitz sind oder beispielsweise als Hotel genutzt werden. Auf einem Empfang wird heute Abend Kulturattachée Reet Weidenbaum von der Estnischen Botschaft in Berlin die Ausstellung offiziell eröffnen.



Das Estland der Gutshöfe, Zeugnisse deutschbaltischer Kultur, 19. August bis 15. Oktober, dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr, Schloss Caputh, Westlicher Erweiterungsflügel, Eintritt frei.