Potsdamer Neueste Nachrichten, 02/03.10.2002, Dirk Becker
Er wurde mit dem Bundesverdienstkreuz und internationale Ehrungen unter anderem in Israel, der Schweiz und Tschechien ausgezeichnet. Doch ist der Name des böhmischen Laienpredigers Přemysl Pitter hier zu Lande nahezu unbekannt. Dabei gehörte Pitter zu den stillen Helden im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, der sich selbstlos für das Leben anderer einsetzte. Am vergangenen Donnerstag hielt Franz Bauer von der Ackermann-Gemeinde, einer Gemeinschaft von deutschen Katholiken aus den Böhmischen Ländern, für das Deutsche Kulturforum östliches Europa einen Vortrag über das Leben und Werk des Přemysl Pitter.
Pitter wurde 1895 als Sohn eines Druckereiinhabers in Prag geboren. Das Jahr 1914 wurde dann zum Schicksalsjahr des mittlerweile 19-Jährigen. Als überzeugter Kriegsfreiwilliger zog er in den Ersten Weltkrieg. Der grausame Stellungskrieg an der Ostfront wandelte ihn jedoch zu einem radikalen Pazifisten. Nach Kriegsende kehrte Pitter nach Prag zurück und wurde Laienprediger, der sich vor allem um die Erziehung von Kindern bemühte. In den 20er Jahren entstanden unter seiner Leitung mehrere Kinderheime in der Umgebung seiner Heimatstadt.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges versteckte Pitter verstärkt jüdische Kinder in seinen Heimen, obwohl darauf die Todesstrafe stand. Nach Kriegsende erfuhr Pitter von den fürchtbaren Zuständen in den Intemierungslagem in Prag. in denen vor allem deutsche Frauen und Kinder eingesperrt waren. Auch gegen diese brutale Siegerjustiz setzte sich der ehemalige Kriegsfreiwillige zur Wehr und rettete so zahlreichen deutschen Kindern das Leben. Doch das Engagement dieses Mannes, der sein Handeln konsequent nach den christlichen Idealen orientierte, wurde den Parteioberen in der Tschechoslowakischen Republik mit der Zeit immer unbequemer. 1951 floh Pitter über das Erzgebirge in die BRD und war dort bis 1962 im so genannten Valka-Lager bei Nürnberg. in dem tschechische Flüchtlinge untergebracht waren, als Seelsorger tätig. 14 Jahre später, im Alter von 81 Jahren starb Přemysl Pitter in Zürich in der Schweiz. Etwa 800 jüdische und deutsche Kinder habe Pitter durch sein Handeln vor dem sicheren Tode bewahrt, so Franz Bauer. Für ihn gab es keinen Unterschied zwischen den Kindern der Opfer und der Täter. Für ihn zählte allein das Leben, das er retten wollte und konnte.
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