Die Zeit Nr. 5 • 27.01.2005
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Zeit.
Vor exakt 100 Jahren erschien bei Cotta einer der schönsten Bildungsromane der an Bildungsromanen nicht eben armen deutschen Literatur: Der Pojaz von Karl Emil Franzos. Da war der Autor schon ein Jahr tot; die Witwe gab das Buch aus dem Nachlass heraus. Warum hatte Franzos es zurückgehalten, eines seiner besten Bücher? Vielleicht weil er wusste, dass der Traum, als Jude Deutscher zu sein, längst gescheitert war; weil er sie nicht dem antisemitischen Geifer des Kaiserreichs ausliefern mochte, diese, seine eigene Geschichte vom Jungen aus dem Ghetto, der zum Theater will. 1848 wurde Franzos in Czortkow (Čortkov; heute Ukraine) geboren. In Wien und Berlin machte der promovierte Jurist sich als Feuilletonist und Erzähler einen Namen; Fontane pries den jungen Kollegen, der so faszinierend aus »Halbeuropa« zu erzählen verstand. Doch seltsam: Bis heute gibt es keine Gesamtausgabe seines Werkes, das doch in jeden Kanon der deutschen Literatur gehört. Hier nun eine erneute Einladung, Karl Emil Franzos zu lesen – zugleich ein Porträt des Autors in Auszügen ausSchriften und Briefen und im Spiegel seiner Freunde und Kritiker.
- Zweigeist – Karl Emil Franzos
Der Originalartikel in der Online-Ausgabe der Zeit