Das Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften – ZFH lädt in Kooperation mit dem Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien in Halle und dem Deutschen Kulturforum für östliches Europa in Potsdam zum Klaus-Zernack-Colloquium 2022 ein.
Was ist Frauen- und Geschlechtergeschichte? Was brachten die letzten 50 Jahre für die akademische Forschung sowie für die Sichtbarkeit von historischen Frauengestalten in den Debatten? Warum wird dieses Themenfeld in unserer Vorlesungsreihe von Klaus-Zernack-Colloquien im Jahre 2022 mit der martialischen Allegorie „Schlachtfeld“ in Zusammenhang gebracht? Ist das Zitat von Enzo Traverso sowie seine Überlegungen zur Instrumentalisierung der Geschichte im Zeitalter der Extreme auch eine passende Diagnose für die Präsenz und Wahrnehmung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im öffentlichen Raum?
In den Veranstaltungen des Klaus-Zernack-Colloquiums in diesem Jahr wollen wir gemeinsam über Institutionalisierungsangebote der Frauenforschung, Debatten zu gravierenden Fragen der Geschichtswissenschaft sowie über mehrdimensionale Verknüpfungen bisher unverbundener Bereiche der historischen Forschung sprechen. Darüber hinaus wollen wir mit den eingeladenen Experten/-innen über den Stand der Geschichtsschreibung in Europa nachdenken, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Übernahme neuer Forschungsperspektiven und deren Anpassung an nationale und kulturelle Kontexte reflektieren. Das Thema des Colloquiums steht ganz im Zeichen des wissenschaftlichen Erbes des Namensgebers der Reihe, des Historikers und Osteuropaexperten Klaus Zernack, indem wir über beziehungsgeschichtliche Prozesse reflektieren. Dazu wollen wir über unser Thema in einer multidimensionalen und vergleichenden Perspektive sprechen. Dies ermöglicht uns die Darstellung unterschiedlicher Erfahrungen und Entwicklungen der europäischen Frauen- und Geschlechterforschung.
Die Vortragsreihe umfasst Themen wie
- Institutionalisierung der Frauenforschung in Europa, Wechselwirkung zwischen Entwicklung der Subdisziplin mit den (neuen) sozialen Bewegungen
- mehrdimensionale Verknüpfung bisher unverbundener Bereiche, einschließlich der Frage, inwieweit »polnisch-jüdische« und »deutsch-jüdische« Geschichte auch eine Geschlechtergeschichte ist?
- Exilgeschichte als Geschlechtergeschichte
- Regionale und lokale regionale Geschichte in der Geschlechterperspektive (mit dem besonderen Fokus auf multikulturelle Grenzregionen wie Schlesien, Elsass-Lothringen, Galizien)
- Prozesse der Übernahme geschlechtsspezifischer Geschichtsparadigmen für politische Zwecke, Missbrauch der Frauengeschichte für staatlich gesteuerte Erinnerungs- bzw. Geschichtspolitik(en)
Eine außerplanmäßige Sitzung zum Stand der ukrainischen Historiographie ist ebenfalls geplant, um ein Zeichen der Solidarität mit den Forschenden in der Ukraine und im Exil zu setzen und ukrainische Entwicklungen im Bereich der Frauengeschichte als eigenständig und unabhängig darzustellen.
Wenn wir über den Stand der Geschichtsschreibung in Europa nachdenken, sollten wir im Blick haben, wie neue Forschungsperspektiven angenommen und an jeweils spezifische nationale und kulturelle Kontexte angepasst werden. Für eine solche vergleichende Perspektive haben wir Referentinnen und Referenten angefragt, die in möglichst unterschiedlichen europäischen Ländern arbeiten oder diese vertreten.
Pandemiebedingt werden die Veranstaltungen voraussichtlich über das gesamte Jahr im Onlineformat (Zoom-Plattform) abgehalten.
Konzeption und Organisation der Reihe
Iwona Dadej, CBH PAN Berlin
in Zusammenarbeit mit Ariane Afsari, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Anmeldung
Anmeldungen nehmen wir auch unter E-Mail:
Termine
(Änderungen vorbehalten)
Donnerstag, 9. Juni 2022, 18:00 Uhr
Exilgeschichte(n) aus Geschlechterperspektive
Gäste an dem Abend sind:
- Prof. Dr. Marion Röwekamp, Lehrstuhlinhaberin der »Wilhelm und Alexander von Humboldt Professur« im Bereich Geschichte und Recht am Colegio de Mexico
- Dr. Iwona Dadej, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau
- Dr. Marcin Wiatr, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut
- Moderation: Ariane Afsari, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Donnerstag, 7. April 2022, 18:00 Uhr
Regionalgeschichte(n) schreiben? Galizien, Schlesien und das Elsass im Vergleich
Gäste an dem Abend sind:
- Dr. Joanna Hytrek-Hryciuk, Historikerin am Institut des Nationalen Gedenkens in Breslau/Wrocław
- Prof. Dietlind Hüchtker, Lehrstuhlinhaberin für Historische transregionale Studien der Universität Wien
- Dr. Joseph Schmauch, Direktor und Leitender Denkmalpfleger des Kulturerbes der Archive des Departements de Seine-et-Marne
- Moderation: Iwona Dadej, Zentrum für historische Forschung & Ariane Afsari, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Weitere Informationen und Termine folgen.
Das Klaus-Zernack-Colloquium ist eine seit über 10 Jahren am ZFH in Berlin Pankow etablierte Vortrags- und Diskussionsreihe, die sich mit Problemen und Themen der (nicht nur) historischen Forschung von Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte im deutsch-polnischen, aber auch mittel- und osteuropäischen Kontext befasst.
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien