Anlässlich des EU-Beitritts Kroatiens widmete das Kulturforum dem kulturell vielfältigen Slawonien einen Themenabend
von Ariane Afsari
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Auch das Deutsche Kulturforum östliches Europa wollte Kroatien zum EU-Beitritt gratulieren – und tat dies am 1. Juli 2013, dem Beitrittstag, mit einem dem Land gewidmeten Themenabend im Senatssaal der Humboldt-Universität Berlin. Im ersten Teil wurde die federführend vom Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm erstellte Ausstellung Zwischen Adria und Donau eröffnet, im zweiten Teil warfen Experten aus Kroatien, Serbien und Ungarn in einem Podiumsgespräch ihre »Blicke aus und auf Kroatien«. Die Veranstaltung eröffnete Professor Christian Voß, Leiter des Instituts für Slawistik – dort wird die Ausstellung auch nach der Eröffnung noch bis Ende Juli zu sehen sein.

Gut hundert Besucher fanden sich zur Eröffnung der Veranstaltung ein und erwarteten die Rede Seiner Exzellenz, Dr. Miro Kovač, Botschafter der Republik Kroatiens in Berlin. In seiner deutlichen und ausführlichen Rede sprach er über die langwierigen, durch Rückschläge bei der Aufnahme nicht in dieser strengen Form überprüfter Staaten geprägten Beitrittsverhandlungen Kroatiens; er betonte, dass Kroatien nichts geschenkt wurde, und resümierte, die Kroaten seien durch diesen mühseligen Aufnahmeprozess von EU-Enthusiasten zu EU-Realisten geworden.

In die übersichtlich und ansprechend gestaltete Ausstellung, die über die verschiedenen Regionen Kroatiens, besonders Slawonien, die Ankunft der Donauschwaben, das Alltagsleben, den Krieg und die Neuordnungen Auskunft gab, führte die Kuratorin Leni Perencevič ein. Nach einem Gang durch die Schau fand sich das Publikum wieder im Senatssaal ein, in dem es mit einer überaus spannenden Diskussion weiterging. Moderatorin Dr. Alida Bremer, Autorin, Übersetzerin und Leiterin des Programms Kroatien Kreativ 2013 – am selben Tag mit dem Verdienstorden der Republik Kroatien ausgezeichnet – sprach mit Slaviša Grujić, dem Stellvertretender Minister der Regierung der Vojvodina und Sekretär für Kultur und Medien, Renata Trischler, Geschäftsführerin der Deutschen Gemeinschaft in Osijek, Tamás Szalay, Direktor des Kulturhauptstadtprogramms Pécs 2010 und Dr. Ivan Rittig, Vorsitzender der Deuschen Gemeinschaft in Zagreb.

Slawonien liegt im Osten Kroatiens, an der Grenze der serbischen Provinz Vojvodina. Letztere, wenn auch noch nicht der EU zugehörig, verkörpere doch das wahre Europa, so Slaviša Grujić, mit 26 verschiedenen Ethnien und 6 Parlamentssprachen. Während er vom Gedanken der Versöhnung beherrscht war und einen einen einheitlich postjugoslawischen, multikulturellen gemeinsamen Raum skizzierte, bestand Dr. Ivan Rittig eher auf den Verschiedenheiten. Man wisse schließlich, wer schuld gewesen sei am Jugoslawienkrieg, man könne nicht allen Staaten Ex-Jugoslawiens eine prinzipielle Gleichheit oder Einigkeit unterstellen . Ähnlich verschieden waren ihre Ansichten zur kroatischen und serbischen Sprache, und Dr. Alida Bremer fasste die Antworten sehr plastisch zusammen: Es gebe systematische Unterschiede in der Grammatik der Sprachen und einige lexikalische Verschiedenheiten, die schnell und einfach zu erfassen seien, trotzdem aber eine Differenz markierten – das sage sie nicht, weil sie in irgendeiner Form Chauvinistin sei, sondern weil man sich im Kommunismus diese Eigenheiten der Sprache erkämpfen musste, um die eigene Sprache als solche überhaupt zu bewahren.

Einen erschütternden Bericht gab Renata Trischler auf die Frage der Moderatorin nach der deutschsprachigen Literatur in Slawonien. Da die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, sofern sie nicht flohen, in Arbeits- und Gefangenenlager kamen, die sie oft nicht mehr verließen, mussten die dortgebliebenen Familien um jeden Preis verhindern, als Deutsche erkannt zu werden. Sie gewöhnten sich und ihren Kindern die deutsche Sprache ab. Das passierte aber nicht nur in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch noch in den 1980er Jahren, nämlich als Renata Trischler selbst, in Deutschland geboren, mit ihren Eltern nach Kroatien zurückkehrte und die Mutter ihr von da an verbot, Deutsch zu sprechen; so verlor sie ihre erste Muttersprache und musste sie später wieder erlernen.

Tamas Szalay aus der Baranja, dem nördlich an Slawonien und die Vojvodina angrenzenden Gebiet in Ungarn, erzählte davon, welche Erfahrungen er als Direktor des Kulturhauptstadtprogramms Pécs 2010 gemacht hatte. Gerade wenn man Minderheiten präsentiere, so gerate man schnell in die Gefahr, das Trennende zu betonen, eine Reinheit der eigenen Kultur zu konstruieren. So habe er auch versucht, die Kulturgeschichte der Stadt Pécs als das Ergebnis ständiger Einflussnahmen, bleibender Prägungen und starker Vermischungen mit anderen Kulturen zu zeigen.

Bei kroatischen Süßigkeiten vom Programm »Kroatien Kreativ 2013« und kroatischem Wein, einem Geschenk der Botschaft der Republik Kroatien, klang der Abend bei lebhaften Gesprächen im Saal und Gewitter und Regen auf der Straße Unter den Linden aus.