Nahe der bayerisch-tschechischen Grenze dachten Amberger Schülerinnen bei einem vom Kulturreferenten für die böhmischen Länder mit dem Kulturforum veranstalteten Projekttag über Heimat nach
Von Tanja Krombach
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Die Beantwortung der Quizfragen erforderte von den Zehntklässlerinnen ein genaueres Studium der Ausstellungstafeln. alle Fotos auf dieser Seite, sofern nicht anders angegeben: © 2011 Deutsches Kulturforum östliches Europa • T. Krombach
Wolfgang Schwarz führt die Schülerinnen in die Problematik der deutsch-tschechischen Geschichte ein.
Schülerinnen präsentieren die Ergebnisse der in den Workshops geführten Gespräche über den Heimatbegriff für die Deutschen aus Böhmen und Mähren und für das eigene Leben.
Schulleiterin Renate Gammel und Lehrer Rolf Künstler, der Ausstellung und Schülerprojekt an sein Gymnasium geholt hat, mit Kulturreferent Wolfgang Schwarz und Tanja Krombach vom Kulturforum (links)
Die Schülerinnen beim Oblatentest
Blick in die von 1692 bis 1696 von Wolfgang Dientzenhofer errichte Schulkirche, eines der bedeutendsten Zeugnisse der sakralen Rokokokunst in Deutschland

Eine Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung »In Böhmen und Mähren geboren – bei uns (un)bekannt?«, die noch bis zum 23. Oktober 2011 im Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium, Amberg, zu sehen ist

► ankündigung

 

Drei zehnte Klassen des traditionsreichen katholischen Mädchengymnasiums in einem ehemaligen Kloster nahmen am Schülerworkshop teil, mit dem die Ausstellung über bekanntere und unbekanntere deutschsprachige Persönlichkeiten, die im heutigen Tschechien geboren wurden, eröffnet wurde. Obwohl die Schülerinnen die Ausstellung zum ersten Mal sahen und viele der Persönlichkeiten nicht kannten, lösten sie die Quizaufgaben mit Fragen zu Leben und Werk ausgewählter Männer und Frauen innerhalb kurzer Zeit.

Eine der Persönlichkeiten war für fast alle Mädchen kein Unbekannter: die kleine hexe, das kleine gespenst oder der räuber hotzenplotz wurde vielen als Kindern vorgelesen. Allerdings war es für die Schülerinnen überraschend, als sie von Wolfgang Schwarz, dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein, erfuhren, dass sie einen Ort namens Hotzenplotz/tschech. Osoblaha in Tschechien wirklich besuchen können. Neu war ihnen auch, dass die Geschichten Otfried Preußlers, die sie durch ihre Kindheit begleiteten, auf Sagen aus dem böhmischen Isergebirge zurückgehen, das vermeintlich Fremde auf der anderen Seite der Grenze also doch so nah liegt.

Viele der Schülerinnen waren bereits im nahen Tschechien und verbinden mit dem Land Gastfreundlichkeit und Offenheit, aber auch eine gewisse Verfallenheit, die sie heute immer noch in vielen Orten wahrnehmen. In den Workshops sollten sich die Mädchen Gedanken über die Heimat machen. Warum verließen Persönlichkeiten wie Bertha von Suttner, Ferdinand Porsche oder Rainer Maria Rilke ihre böhmischen Geburtsorte? Zum Teil waren es ähnliche Gründe wie für die Mädchen heute, von denen die meisten nach der Schule aus Amberg wegziehen wollen: der Beruf, die Liebe, die Lust auf etwas Neues.

Klar war jedoch allen der Unterschied zu den Sudetendeutschen, die nach 1945 gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen und wussten, dass sie sie nie mehr in der gewohnten Form wiedererblicken würden. Die Schülerinnen konnten es sich gut vorstellen, dass es für die Deutschen aus Böhmen und Mähren damals auch ein Problem war, mit ihrer eigenen Familiengeschichte in einer neuen, fremden Umgebung nicht verstanden zu werden.

Nach der Präsentation der in den drei Workshops erarbeiteten Ergebnisse veranstaltete Wolfgang Schwarz einen »Oblatentest«. Dabei mussten die Schülerinnen raten, welche der von ihnen zu verkostenden Karlsbader Oblaten in Deutschland nach altem böhmischen Rezept und welche in Tschechien hergestellt wurden. Alle freuten sich über den süßen Ausklang des Projektvormittags, wobei die tschechische, besonders zuckerhaltige Variante mehr Anhängerinnen fand.