Im Rahmen seiner Jubiläumsreihe »Erinnern und Entdecken« stellte das Kulturforum in Kooperation mit dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein e. V. und dem Tschechischen Zentrum München den letzten Dichter des Prager Kreises vor.
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»Ich bin hinternational. Zum 40. Todesjahr von Johannes Urzidil« – unter diesem Titel beleuchteten die beiden Herausgeber des in Arbeit befindlichen Johannes-Urzidil-Lesebuches ›››, Klaus Johann und Vera Schneider, sowie der bedeutende Urzidil-Forscher und -Freund Gerhard Trapp, Leben und Werk des zu Unrecht einem größeren Publikum kaum mehr bekannten bedeutenden Publizisten und Prosaisten, dessen Hauptschaffensperiode in die Zeit seiner amerikanischen Emigration fällt.
Begleitet von einer von Vera Schneider entwickelten Power-Point-Präsentation, die zeithistorische Filmausschnitte und biografische Fotos zeigte, beschrieb Klaus Johann die Lebensstationen des Autors, die wiederum durch die von Gerhard Trapp vorgetragenen Briefe, die ihm Urzidil seit Mitte der 1960er Jahre geschrieben hatte, kommentiert wurden. Die zahlreichen Originaltexte wurden von Vera Schneider und vom Dichter selbst vorgetragen. Seine Stimme, die in zahlreichen Radiobeiträgen bewahrt wurde, kam mikrofonverstärkt aus dem kleinen Laptop-Lautsprecher und machte den Abend so zu einem besonderen Erlebnis.
Die zahlreich erschienenen Besucher hatten das Gefühl, dem Autor mit seinem Prager Deutsch ganz nah zu sein. So wird der Vortrag, der am 20. Juni 2010 im Rahmen des Festival Mitte Europa und bei den ab November stattfindenden Buchpräsentationen wiederholt wird, sicherlich dazu beitragen, diesen Beschwörer der untergegangenen deutsch-jüdisch-tschechischen Prager Kultur, Kafka-Freund und Liebhaber tschechischer moderner Kunst, wieder einem breiten Publikum bekannter zu machen und seine völkerverständigende Rolle zu würdigen.
Kurzbiografie Johannes Urzidil
1896–1916 | Kindheit, Schulzeit, Studium in Prag |
1916–1918 | Kriegsdienst in der österreichischen Armee, Tätigkeit in der Lagerverwaltung in Prag 1918–1938 Tätigkeit als Korrespondent für nationale und internationale Zeitungen, Pressebeirat an der deutschen Gesandtschaft in Prag |
1939–1941 | Nach der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei Ausreise nach Italien, später nach England |
1941–1970 | New York, nach Anlaufschwierigkeiten Mitarbeiter der Österreichischen Abteilung der Stimme Amerikas, Lektor, zunehmender literarischer Erfolg, Verleihung diverser Literaturpreise, Vortrags- und Lesereisen durch Israel, die Schweiz, Deutschland und Österreich, Tod auf einer Lesereise nach Rom |
Wichtige Werke
prager triptychon. Erzählungen. München: Langen Müller Verlag 1960
goethe in böhmen. Monographie. Epstein, Wien/Leipzig 1932, erweiterte u. überarbeitete Ausgabe: Zürich u. Stuttgart: Artemis 1962 | |
die verlorene geliebte. Erzählungen. München: Langen Müller Verlag 1956 | |
da geht kafka. Essays. Zürich/Stuttgart: ArtemisVerlag 1965, erweiterte Ausgabe München: dtv 1966 | |
väterliches aus prag und handwerkliches aus new york. Autobiographische Texte. Zürich: Artemis Verlag 1969 | |
morgen fahr’ ich heim. böhmische erzählungen. Nachwort v. Heinz Politzer. München: Langen Müller 1971 |
- Erinnern und Entdecken
2010 – zehn Jahre Deutsches Kulturforum östliches Europa | zehn Jahrestage | zehn Veranstaltungen